
Beschreibung
Details
Verkaufsrang
38306
Einband
Taschenbuch
Erscheinungsdatum
01.02.1993
Verlag
Fischer Taschenbuch VerlagSeitenzahl
212
Maße (L/B/H)
19/12.5/1.5 cm
Gewicht
166 g
Auflage
15. Auflage
Sprache
Deutsch
ISBN
978-3-596-10977-7
In einem berühmten chinesischen Märchen verschwindet der Maler in seinem eigenen Bild. Das ist die Utopie der Wahrheit. Übereinstimmung mit sich und der Welt. Um dieser Utopie willen haben Rousseau, Kleist und Nietzsche abenteuerliche Wahrheitsexpeditionen unternommen: Dreimal die Wahrheit des Ich gegen den Rest der Welt; dreimal führt die Suche nach Wahrheit in die selbstgemachten Bilder und in die Bereitschaft zur Gewalt gegen eine Wirklichkeit, die sich den Bildern widersetzt. Eine andere grosse Wahrheitsexpedition ist die Metaphysik als der Versuch, in einer 'verkehrten' Welt eine 'wahre' Welt zu entdecken. Das beginnt eindrucksvoll bei Sokrates und Augustin und endet furchtbar im Zeitalter des Totalitären und des Fundamentalismus. Bleibt also nur die (Lebens-)Kunst, ohne die Gewissheit des richtigen Lebens, ohne verbürgte Wahrheit zu leben? Es sieht so aus. Am Beispiel Kafkas geht es in den letzten Kapiteln dieses Buches um die Kunst, in der Fremde zu bleiben. "Dies ist ein grosses Buch über die Macht der selbstgemachten Bilder, in denen Denker ihre Freiheit verloren oder in denen sie sich vor der Freiheit versteckten. Es handelt von Himmel- und Höllenfahrten im Reich der Gedanken, und es beginnt so sinnlich wie ein Märchen." (Der Spiegel)
Unsere Kundinnen und Kunden meinen
Ihr sollt Dichter eures eigenen Lebens werden
Jérôme aus Bad Eilsen am 18.12.2013
Bewertungsnummer: 830467
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Rüdiger Safranski begleitet uns in diesem Buch auf einer Reise durch die Philosophiegeschichte und stellt uns dabei einige große Denker und ihre Wahrheiten vor. Zu Beginn lässt er uns in die Geschichte eines chinesischen Malers eintauchen, der in seinem selbstgemalten Bild , beobachtet von seinen Freunden verschwand. Der Maler wurde Eins mit seinem Bild, als hätte er seine persönliche Wahrheit gefunden und verschwand gleichzeitig mit ihr.
Nach dieser Utopie der Wahrheit demonstriert Safranski uns nun, dass die Identität mit sich und seinen Lebensansichten selten, wenn nicht sogar nie zu einer absoluten, verschwindenlassenden Wahheit führen wird. Ob Rousseau, Kleist oder Nietzsche, sie alle waren von der Idee einer großen Kommunion überzeugt und mussten resignierend feststellen, dass ihre Ansichten keine absoluten Wahrheiten waren. Rousseau musste schockierend erkennen, dass seine Freiheitsgedanken in die Angst des Handelns mündeten. Aus dieser Angst heraus flüchtete er sich nach innen und verschwand damit in gewisser Weise in sich selbst.
Als nächsten Wahrheitssucher analysiert Safranski Kleist. Dieser war danach bestrebt sichere Wahrheiten zu finden, die als Stützen für das Leben dienen sollten. In den Wissenschaften meinte er anfangs jene Stützen gefunden zu haben, vor allem die Mathematik begeisterte ihn durch ihre Evidenz und Apriorität. Nachdem er sich allerdings mit Kant auseinander setzte, musste er konstatiert feststellen das unsere Vernunft die Wirklichkeit durch eine Brille schauend, nur nach unseren Maßstäben mittels subjektiver Eigenschaften darstellt.
Bald gab er die Wissenschaften auf und war nun danach bestrebt selber Wahrheiten zu erfinden. Anstatt nach Wissen zu suchen möchte er nun handeln. Erfinden statt finden war sein Motto. Er begann nun erste Gedichte und Dramen zu veröffentlichen, stellte aber auch hier wieder todunglücklich fest, dass seine ehrgeizigen Ziele, etwas noch nie dagewesenes zu schaffen, sich nicht realisieren konnten. Er scheiterte an seinem eigenen Werk, er möchte die Erinnerungen an diesen Fehlschlag so schnell es geht verbrennen. Spätere Rekonstruktionen zeigen hingegen große Brillianz, die er leider nicht mehr erleben konnte. Nach seinem scheitern möchte er nur noch von dieser Welt abtreten, er sieht sich am Ende. Durch seinen Selbstmord sieht er sich als Gewinner, indem er sich selber als sein eigenes Werk betrachtet und über dieses die Gewalt besitzt es zu vernichten. Damit stürzt auch Kleist in sein Werk. Nietzsche ergeht es nicht anders.
Er will in dieser Welt aufräumen, er möchte die Welt von ihren metaphysischen Restbeständen befreien und die Werte neu ordnen. Er lässt seinen berühmten Zarathustra auftreten, um für ihn stellvertretend seine neue Lehre zu verkünden. Aber anstatt Herr über sich zu werden, stellt auch Nietzsche fest, dass wir uns durch unsere menschlichen Konstitutionen nicht zum Übermenschen überwinden können.
Im weiteren Verlauf gelingt es Safranski, anhand weiterer Beisspiele aufzuzeigen, dass es sich bei der Suche nach Wahrheit um eine Reise handelt die nicht ans Ziel gelangt, sondern selber das Ziel darstellt. Der eine stirbt für sie, andere sehen sie von Gott gegeben und manche versuchen sie mit Gewalt zu übertragen. Ein Buch für jene, die selber auf einer Suche sind und sich wundern das sie nicht ans Ziel kommen.