Gequält von Liebeskummer, bucht die junge Bea kurzentschlossen eine Kreuzfahrt durch die kalte und unwirtliche Inselgruppe von Spitzbergen. Doch sie kommt nicht zur Ruhe, denn unter den Passagieren befindet sich auch ihre ehemalige Klassenlehrerin, die ihr als Kind übel mitgespielt hat. Von Rache besessen, merkt Bea fast zu spät, wie explosiv die Stimmung unter den Mitreisenden ist. Hoch oben in den ewigen Weiten des Eismeers entladen sich schliesslich die Spannungen auf mörderische Weise …
Wenn Sie bei diesem Buch einen Krimi in klassisch nordischer Manier wie Mankell erwarten, dann werden sie zutiefst enttäuscht sein. Denn dieses Buch ist überhaupt kein klassischer Krimi. Wenn Anne B. Ragde eins kann, dann ist es, dass ihre Bücher jedes Mal etwas komplett anders sind. Einzig, dass ihre Hauptpersonen nicht wirklich sympathisch sind, eint ihre Bücher. Und dieses Mal hat uns auch der Verlag mit seinem deutschen Titel Mord in Spitzbergen etwas aufs Glatteis geführt. Im Original heißt das Buch Zona frigida. Ich kann zwar nun kein norwegisch, aber das würd ich mit Eiskalter Zone oder ähnlich übersetzen.
Die Hauptperson dieses Romans ist Bea, eine extrem zynische 35jährige Karikaturistin. Wirklich mit sich im Reinen scheint sie nur dann zu sein, wenn sie schon einiges intus hat. Das Buch beginnt damit, dass sie gerade eine Schiffsreise nach Spitzbergen gebucht hat. Ihren Freunden erklärt sie es damit, dass gerade eine Beziehung zerbrochen ist und sie erst einmal wieder zu sich selbst finden muss. Es scheint aber, dass sie etwas ganz anderes zu dieser Reise antreibt. Und ihr Motiv bleibt bis ca. Seite 190 verborgen. Das Buch hat aber nur 288 Seiten! Stattdessen erzählt Anne B. Ragde die Schiffsreise aus der Sicht von Bea. Sie beschreibt die Crew und die Mitreisenden. Sie beschreibt die Interaktionen in der Gruppe sehr genau. Und sie beschreibt die Natur, die die Reisenden erleben. Es entspinnen sich einige Liebesgeschichten an Bord und es gibt einige Reibungspunkte, die sich langsam zuzuspitzen scheinen. Doch dann passiert etwas, womit ich gar nicht gerechnet hatte.
Die Stärke dieses Buches ist einerseits die ausgesprochen zynische Sichtweise von Bea, die erst dann langsam bröckelt, als klar wird, warum Bea überhaupt diese Reise gebucht hat. Wie üblich beobachtet Anne B. Ragde ihre Mitmenschen wieder sehr genau und kann sie psychologisch gut einordnen. Ihre Sprache ist wie immer stark und sie verschleiert nichts. Aber richtig stark sind die Naturbeschreibungen, die Anne B. Ragde liefert. Die sind wirklich atemberaubend und machen Lust, diese Reise selbst zu erleben.
Ich würde dieses Buch keinem klassischen Krimileser empfehlen. Er würde sich wahrscheinlich zu Tode langweilen. Aber, wer gerne etwas über die Natur im Eismeer erfahren möchte und auch über die Probleme, die es dort gibt (zu viele Eisbären, zu wenig Futter, Fischfangquoten usw.), wird in diesem Buch fündig. Mich hat dieses Buch sehr fasziniert und es hat nur deshalb 4 Punkte von mir erhalten, weil der Titel etwas total anderes vermuten ließ!