Der Fickel steht als Rechtsanwalt am Meininger Gericht auf der Karriereleiter ganz unten. Er ist Terminvertreter (im Fachjargon »Terminhure«) und springt in Verhandlungen ein, wenn der ›richtige‹ Anwalt verhindert ist. Dass so einer Verteidiger in einem Mordverfahren wird, kann nur in einem Nest wie Meiningen passieren: Sylvia Kminikowski, designierte Amtsgerichtsdirektorin, wird ermordet im Englischen Garten aufgefunden. DNA-Spuren führen zu René Schmidtkonz, dem Enkel von Fickels Vermieterin. Also gibt der Fickel sich einen Ruck und vergräbt sich in den Fall. Obwohl er sich im Strafrecht nicht besonders gut auskennt, stösst er schon bald auf Ungereimtheiten, die seinen Mandanten entlasten könnten. Ein massives Problem jedoch bleibt: die Oberstaatsanwältin Gundelwein, die im Allgemeinen auf Männer nicht gut zu sprechen ist und im Besonderen auf den
Fickel. Sie ist Fickels Exfrau und sähe nichts in der Welt lieber, als dass er sich in seinem ersten grossen Fall bis auf die Knochen blamiert …
*Fickel: Ableitung der Koseform »Fick« zum Rufnamen Friedrich (1387 Fyckel, 1388 Viggel, 1508 Fickel). Ausserdem bedeutet Fickel umgangssprachlich so viel wie Ferkel: Wenn jemand beim Essen gern kleckert, ist er eben ein Fickel.
Buchmeinung zu Hans-Henner Hess – Herrentag
„Herrentag“ ist ein Kriminalroman von Hans-Henner Hess, der 2013 im DuMont Buchverlag erschienen ist. Die ungekürzte Lesung durch Martin Baltscheit ist 2018 bei Audible Studios erschienen.
Zum Autor:
Hess verbrachte seine Jugend im Schatten der Berliner Mauer mit Tagträumen, Nachtwandeln und dem Züchten von winterharten Zierkakteen. Einer verlorenen Wette wegen wurde er Jurist. Seine Erfahrungen im Justizalltag verarbeitet er nun in flotten Krimis um den Meininger Anwalt Fickel und dessen alles überragende Exfrau, die Oberstaatsanwältin Gundelwein.
Klappentext:
Der Fickel steht als Rechtsanwalt am Meininger Gericht auf der Karriereleiter ganz unten. Er ist Terminvertreter (im Fachjargon »Terminhure«) und springt in Verhandlungen ein, wenn der ›richtige‹ Anwalt verhindert ist. Dass so einer Verteidiger in einem Mordverfahren wird, kann nur in einem Nest wie Meiningen passieren: Sylvia Kminikowski, designierte Amtsgerichtsdirektorin, wird ermordet im Englischen Garten aufgefunden. DNA-Spuren führen zu René Schmidtkonz, dem Enkel von Fickels Vermieterin. Also gibt der Fickel sich einen Ruck und vergräbt sich in den Fall. Obwohl er sich im Strafrecht nicht besonders gut auskennt, stößt er schon bald auf Ungereimtheiten, die seinen Mandanten entlasten könnten. Ein massives Problem jedoch bleibt: die Oberstaatsanwältin Gundelwein, die im Allgemeinen auf Männer nicht gut zu sprechen ist und im Besonderen auf den Fickel. Sie ist Fickels Exfrau und sähe nichts in der Welt lieber, als dass er sich in seinem ersten großen Fall bis auf die Knochen blamiert …
Meine Meinung:
Es hat ein wenig gedauert bis ich in die Geschichte gefunden habe. Der Humor ist ein bisschen eigen zwischen Anwaltsumfeld und Altherrenwitzen. Aber dies bessert sich im Laufe der Geschichte deutlich. Die Geschichte aus der thüringischen Provinz macht mehr her, als der erste Eindruck vermittelt. Der Autor zeichnet die Figuren liebevoll und mit einem guten Blick für Details. Manche Punkte wirken ein wenig klischeehaft und der Fickel braucht seine Zeit, bis er sich in den Fall gebissen hat. Er wirkt recht chaotisch, aber auch als Underdog sympathisch. Es gab einige Überraschungen und eine überzeugende Auflösung, die den lahmen Beginn nahezu aufwiegen.
Sprecher:
Martin Baltscheit macht einen soliden Job und empfiehlt sich für weitere Aufgaben.
Fazit:
Nach schwachem Start wird es ein interessanter und unterhaltsamer Regionalkrimi, der vor allem mit seiner Hauptfigur punkten kann. So reicht es am Ende für drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten). Ich werde dem Folgeband eine Chance geben.
Das steht auf dem Buchdeckel. Und weil dieser Krimi auch noch in der tiefen thüringischen Provinz spielt, kam dieses Buch als Urlaubslektüre mit. Sein Autor, so kann man lesen, ließ sich wegen einer Wette zum Volljuristen ausbilden. Aber aus irgendeinem Grund kam er dann nicht zum Zuge und versuchte sich als Schriftsteller. Dieser Erstling erweist sich als eine wirklich merkwürdige Mischung aus Justizposse, Krimi und ostalgischen Erklärungsversuchen, die für Westdeutsche eher peinlich und für Ostdeutsche eher komisch wirken müssen. Zwischen unfähigen Anwälten und Richtern, korrupten und sich in Orgien gefallenden Politikern stolpert mit Anwalt Fickel ein sympathischer Versager herum, den der Autor stets "der Fickel" nennt. Das allerdings ist kein Alleinstellungsmerkmal, denn alle anderen auftretenden Herrschaften bekommen auch einen entsprechenden Artikel zugestanden, was sich wie so vieles in diesem Buch hinreichend seltsam liest.
An diesem Buch werden sich vermutlich die Geister scheiden. Ich fand es gelegentlich grauenhaft, gelegentlich ganz unterhaltend und manchmal auch lustig. Aber ernstnehmen konnte ich es nicht. Die Handlung zieht sich zumindest für Liebhaber klassischer Krimis mangels Spannung unendlich hin. Schließlich lebt sie nur noch vom laschen Begehren nach der Erkenntnis, wie der Autor wohl seine skurrile Konstruktion vollenden wird. Bei manchem Leser wird sich ein solches Begehren wohl eher nicht einstellen, weil er es vielleicht gar nicht bis zu diesem Punkt geschafft hat.
Das Ganze hat etwas von einem derben Volksschauspiel, was wohl auch nicht immer den Geschmack aller trifft. Auch das Lokalkolorit strahlt nicht wirklich, sondern glänzt eher matt. An dämlichen Ossis, Wendehälsen, karrierebewusste Wessis und anderen Klischees kommt der Autor auch nicht vorbei, wenngleich sich solche Kategorien inzwischen in der Wirklichkeit reichlich abgeschliffen haben.
Von der schreienden Ankündigung auf dem Buchdeckel bleiben in der Tat allein die "verschrobenen Figuren", die in ihrer Mehrheit der Justiz angehören, an der sich der Autor vielleicht nicht ohne Grund abarbeiten musste. Jedenfalls macht er von seinen juristischen Kenntnissen regen Gebrauch. Wer weiß - so ganz untypisch scheinen seine Beschreibungen der thüringischen Verhältnisse jedenfalls nicht zu sein, wenn man die jüngste Geschichte dieses Landes etwas genauer kennt.
Kurz: Das Buch ist eine reine Geschmackssache, weil es in keine Kategorie passt. Es ist weder ein spannender Krimi, noch eine Parodie. Es besitzt einen gewissen lokalen Einschlag und bedient ostalgische Gefühle, wenn man sie so besitzt, wie sie der Autor anspricht. Von allem etwas, aber irgendwie zu wenig im Ganzen. Vielleicht ganz lustig, wenn man sich in den Verhältnissen etwas auskennt, langweilig, wenn nicht.