Die deutsche Ausgabe des Bestsellers Never Split the Difference
Über viele Jahre war Chris Voss beim FBI als Verhandlungsführer bei Geiselnahmen aktiv. Er verhandelte während seiner Tätigkeit mit einer Vielzahl von Kriminellen wie Bankräubern und Terroristen. In seinem Buch Keine Kompromisse führt der Experte für Extremsituationen die Leser in die Welt der knallharten Verhandlungen ein. Und zeigt, worauf es ankommt, wenn es ums Ganze geht. Das Leben besteht schliesslich aus Verhandlungen, auf die man besser gut vorbereitet ist: angefangen beim Autokauf, über Gehalts- oder Mietverhandlungen, berufliche Verhandlungen bis hin zu Diskussionen mit dem Partner.
Dieses Buch mit seinem Fokus auf emotionale Intelligenz und Intuition verschafft den Lesern bei Diskussionen den entscheidenden Vorteil: Neun effektive Prinzipien wie aktives Zuhören und taktische Empathie, sorgen dafür, dass man privat und beruflich alles im Griff hat und immer überzeugt.
Bücher wie diese lese ich immer mit größter Skepsis. Selbst die Tätigkeit von Chris Voss als Verhandlungsführer beim FBI beeindruckt mich aufgrund fragwürdiger Bücher über Körpersprache und co. anderer FBI-Spitzenleute eher weniger. Dieses Buch bietet trotzdem einen Mehrgewinn.
Voss beschreibt selbst, dass die Verhandlungstechniken stets weiterentwickelt werden, weil natürlich auch die Gegenseite (z.B. Terroristen, Erpresser) dazulernt. Deswegen ist auch dieses Buch nicht für die Ewigkeit geschrieben. Aus eigener Erfahrung rate ich auch dazu, die hier beschriebenen Techniken nicht zu oft einzusetzen. Aber: Sie funktionieren!
Voss entwickelt im Buch zunächst ein Mindset mit dem man seiner Meinung nach in eine Verhandlung gehen sollte. Der Gegenüber ist ein Partner und kein Feind. Weiß man mal nicht weiter können geschickte Fragen weiterhelfen: „Was würden Sie an meiner Stelle tun?“ oder „Wie soll ich das realisieren?“. Damit kann man das eigenen Problem zu dem des Gegenübers machen.
Wer nach Voss gut verhandelt ist keineswegs kompromisslos. Man sollte sehr genau zuhören, zwischen den Zeilen lesen und die emotionale Situation des Gegenübers erfassen.
Hat er hingegen einem Erpresser ein Angebot gemacht kommt er ihm auch nicht unbegrenzt entgegen. Bei Lösegeldforderungen bot er mitunter ungerade Beträge wie 4752,23 Dollar für die Freilassung einer Geisel an um den Eindruck zu erwecken, dass einfach nicht mehr geht.
Zahlreiche geniale Tricks und ein solides Verhandlungssystem. Mit etwas Einübung ist dieses Buch eine sehr sinnvolle Investition!
Gib ihnen die Illusion der Kontrolle, infiltriere ihren Geist!
Dr. M. am 22.06.2018
Bewertungsnummer: 1112559
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
"Chris Voss war über viele Jahre beim FBI als Verhandlungsführer aktiv und kam während seiner Tätigkeit mit einer Vielzahl von Kriminellen wie Bankräubern und Terroristen in Kontakt", liest man auf der Rückseite des Buches. Das klingt vielversprechend, sagt aber nicht wirklich viel über die Genialität von Voss aus. Doch man hat es hier mit einer Methodik zu tun, die – egal aus welcher Perspektive man sie betrachtet – einfach brillant ist. Kompromisslos verhandeln passt irgendwie nicht in die Zeit, weil es eine Härte impliziert, die nicht mehr modern scheint. Aber was soll man machen, wenn man bei einer Geiselnahme gar keine andere Wahl hat? Nur die Hälfte der Geiseln freizukriegen, kann ja wohl nicht das Ziel einer solchen Verhandlung sein.
Voss hat weder Psychologie studiert, noch irgendwas Ähnliches. Er wollte nur zum FBI und hat sich dort gegen alle Widerstände bis zu einem der erfolgreichsten Verhandlungsführer hochgearbeitet. Als ihn Theoretiker der bekannten Ostküsten-Universitäten der USA zu einem Workshop einluden, hat er sie nicht nur verblüfft, sondern bei einem Praxistest alle in die Tasche gesteckt. Was Voss entwickelt und bis zur Perfektion getrieben hat, lässt sich auch im Alltag anwenden, wenn man es trainiert und gewisse Voraussetzungen mitbringt. Kompromisslos verhandeln klingt nach Härte und Konfrontation. Doch Voss macht genau das Gegenteil. Er bleibt ruhig und freundlich und dringt langsam, aber nachhaltig in die Sphäre seines Gegners ein. Das macht er mit verschiedenen Techniken so geschickt, dass sein gegenüber nicht selten das Gefühl bekommt, er würde den Lauf der Dinge bestimmen, obwohl er letztlich das macht, was Voss wollte.
Ein wesentlicher Teil dieser Technik ist das Stellen von gezielten offenen Fragen, die den Verhandlungsgegner beschäftigen und von seinen eigentlichen Zielen ablenken und verwirren. Beispielsweise, indem man ihn fragt, wie man etwas machen soll, das er verlangt. Spiegelungstechniken, die auch zum Arsenal von Voss gehören, erreichen nicht nur, dass sich der Gegner verstanden fühlt, sie können ihn auch zur Preisgabe von Informationen verleiten oder ihn gar von Forderungen abbringen. Mich haben diese und andere Techniken sehr stark an die Herangehensweise asiatischer Kampfkünstler erinnert. Sie funktionieren nur bei völliger Selbstbeherrschung und der Kontrolle der eigenen Emotionen.
Richtig und aufmerksam zuhören zu können, ist eine der Grundvoraussetzungen für das in diesem Buch vorgestellte Gesamtkonzept, aus dem man auch für den Alltagsgebrauch Teile und Prinzipien herausnehmen kann. Wie erreicht man es, dass jemand antwortet, der bisher Anrufe oder Mails unbeantwortet gelassen hat? Welchen Erfolg versprechen Fragen, die ein Nein provozieren? Welchen Wert besitzt es, wenn man seinen Verhandlungsgegner zu der Aussage "Das stimmt" bringt? Wie entdeckt man sogenannte Schwarze Schwäne, also beispielsweise versteckte Motive, die man aus Routine leicht übersieht, die aber geeignet sind, eine angespannte Situation in eine Katastrophe abgleiten zu lassen?
Kompromisslos zu verhandeln, ohne es heraushängen zu lassen, ist eine große Kunst, die in diesem Buch meisterhaft beschrieben wird. Sie läuft darauf hinaus, dem anderen die Illusion der Kontrolle zu vermitteln und ihn sanft genau dahin zu lenken, wohin man ihn haben will.
Dies ist eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe. Voller genialer Techniken, die auch noch hervorragend erklärt werden.