Usama Al Shahmani steckt mitten im Asylverfahren, ohne Geld, ohne Arbeit, als in Bagdad sein Bruder Ali spurlos verschwindet. In den sicheren Süden wollte er nicht gehen, wenn er Bagdad verlassen soll, dann möge ihn Usama bitte herausholen aus dem Irak. Aber wie soll dieser die zweitausend Dollar für die Flucht nach Beirut aufbringen? Da kommt auch schon die Nachricht von dessen Verschwinden.
Während Usama mit Ankommen mehr als beschäftigt ist, treffen laufend Nachrichten aus dem Irak ein. Bilder aus dem Leichenschauhaus, von denen doch keines Ali zeigt. Windige Typen aus der Hochsicherheitszone in Bagdad, die bestochen werden wollen für angebliches Wissen. Vorwürfe der Mutter, es wäre nicht passiert, wenn er nicht geflüchtet wäre.
Diese persönliche Geschichte und ein im Exil entdecktes, neues Verhältnis zur Natur formt Usama Al Shahmani zu einem vielschichtigen Roman über den Spagat eines Lebens zwischen alter und neuer Heimat.
Den Buchtitel finde ich toll, da er den Buchinhalt wirklich gut zusammenfasst und man das bekommt, was der Klappentext verspricht. Die Bodenständigkeit europäischer Wälder und die Poesie arabischer Sprache vereinen sich auch im Buch selbst. Die Suche nach dem verschwundenen Bruder, die Verzweiflung und Bemühungen unter schrecklichen Bedingungen vor Ort und die Hilflosigkeit in der Ferne werden sachlich beschrieben, verbinden sich aber mit dem Frieden, den der Erzähler beim Bergwandern und Wäldern findet, zu einer optimistischen, hoffnungsvollen Erzählung. Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, weil er durch die einfließenden, arabischen Details eine gewisse Poesie und Leichtigkeit bekommt. Inhaltlich ein interessantes Buch, da man in den Nachrichten vielleicht noch etwas über Krieg, Attentate, Todesopfer erfährt, aber sich kaum bewußt machen kann, was die vielen Verschwundenen, Entführten und Verschleppten für die Hinterbliebenen und die Gesellschaft bedeuten.
Persönliche Geschichte poetisch erzählt
Bewertung am 03.01.2023
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Wie soll ich ein Buch bewerten, das einen mitnimmt, als Fremden in die Schweiz versetzt und mir zeigt, dass mein Herz doch noch im Irak schlägt? Und das, obwohl ich aus keinem der beiden Länder stamme?
Usama Al-Shahmani schafft genau das in „In der Fremde sprechen die Bäume arabisch“ und erzählt darin seine persönliche Geschichte. Mit seinem poetischen Schreibstil bringt er den Lesenden die bedrückende und schwere Thematik so nah, dass sie sich teilweise fehl am Platz zu fühlen und ein paar Seiten später bleibt einem das Herz stehen und man fühlt sich machtlos.
Der Anfang fiel mir etwas schwer, aber mit fortschreitender Geschichte erfährt man immer mehr über den Protagonisten und Autor und taucht dann in die Handlung ein. Je mehr sich Usama nach einem Spaziergang im Wald oder dem Wandern sehnt, desto besser versteht man, dass er die Geräusche und Gedanken in seinem Kopf beruhigen will.
Das Buch ist sehr philosophisch, leider wirken die Gespräche zum Teil etwas konstruiert und ich hatte dadurch das Gefühl, dass sie sich sprachlich nicht gut ins Gesamtbild der Szenen einfügen.
4 von 5 Sternen.
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Ich bin froh, dieses Buch gelesen zu haben, denn ich lese gerne Romane die nach wahren Begebenheiten erzählt werden und wenn es sprachlich so kunstvoll ist kann ich es nicht mehr weglegen.
"Es war für mich unbegreiflich zu hören, dass die Leute in der Schweiz einfach so zu Fuß gehen… Ich dachte, sie erzähle uns einen Witz.“ oder: „Mein einziges Paar Schuhe waren sogenannte Freizeitschuhe. Ich wusste zu jenem Zeitpunkt nicht, dass in der Schweiz jedes Paar Schuhe einer Kategorie angehört.“ - einfach nur herrlich
Wie Usama Al Shahmani mit Sprache umgeht, ist beeindruckend vor allem wenn man bedenkt, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Klingt so etwa die Sprache der Araber? Speziell auch die Unterteilung in Kapitel, die jedes einem Baum und einer Thematik zugeordnet sind. So ist die Liebe zu seinem Land Irak, zu seiner Sprache, zu seiner Familie sehr direkt spürbar, selbst wenn er vom Leid und Schrecken des Krieges erzählt. Auch die Hoffnung ist immer gegenwärtig. Ich staunte wie er die Schweiz beschreibt, den Schmerz ein Fremder zu sein, ohne Bitterkeit, die Wege die er geht um Trost zu finden, den Trost, den er schliesslich im Wald findet, einfach wie er das Positive und Schöne überall zu erkennen vermag. Ich habe grosse Achtung davor.
Ich empfehle dieses Buch jedem, der etwas von dieser Zerrissenheit zwischen zwei Orten erfahren möchte.
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Poetisch, zart, humor- und hoffnungsvoll schreibt Usama Al-Shahmani über Heimat, Flucht, Neuanfang, Familie und die vielen Formen des Verlusts.
Vor gut zwanzig Jahren floh der Autor aus dem Irak in die Schweiz und liess dabei seine Eltern und Geschwister, seine Familie hinter sich. Einer seiner Brüder verschwand während des irakischen Bürgerkriegs plötzlich. Bis heute konnte er nicht gefunden werden. Die Angst um den Bruder und den Rest der Familie, die irgendwann einer Art Trauer weicht, ist harter Tobak. Doch Al-Shahmani gelingt es, einem Zauberer gleich, diese Passagen leichtfüssig zu erzählen. Gleiches gilt für den Verlust, welche die vielen Kriege für die irakische Kultur bedeuten, an die er liebevoll erinnert. In der Schweiz musste er sich nicht nur mit dem Erlernen einer neuen Sprache, sondern auch mit dem Konzept des "Spazierens", dieses freiwillig in der Natur umhergehen, beschäftigen, was für viele humorvolle Momente sorgt.
Ein kleines, einzigartiges, grandioses Buch, das unbedingt gelesen werden muss.