Eine zeitlose und geradezu zärtliche Geschichte über die Bedeutung und Kraft menschlicher Beziehungen
Der junge Robert weiss schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschliesst er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Grosszügigkeit bietet er ihr seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet sie das barsch. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will.
»Ein intensiver und bewegender Roman, der an J. L. Carrs >Ein Monat auf dem Land< denken lässt.« The Guardian
Bei diesem Roman war es in erster Linie der Titel, der mich aufhorchen ließ. Ich liebe das Meer, der Titel klingt nach Sehnsucht und auch nach Dramatik. Deshalb sah ich mir das Buch genauer an. Auch optisch hat es mich sofort fasziniert. Es hat keinen Schutzumschlag, hat eine etwas raue Oberfläche, der Name des Autors und das Genre sind in Gold geprägt, sonst ist es sehr schlicht. Weiß mit einer Welle am unteren Rand.
Robert Appleyard hat gerade die Schule beendet, er wartet auf das Ergebnis seines Abschlusses und beschließt den Sommer zu nützen, um sich auf Wanderschaft zu machen. Der Krieg ist gerade vorbei, es herrscht Aufbruchsstimmung und so macht er sich auf dem Weg aus seinem Kohlearbeiterdorf im Norden Englands. Sein Ziel: Der Süden, die Küste, das Meer.
Doch dann landet er vor dem Cottage der ungewöhnlichen Dulcie Piper, sie lebt alleine, isst und trinkt gerne, ist ungewöhnlich groß für eine Frau und sie ist vor allem eine Freidenkerin. Robert bleibt ein paar Tage bei ihr, hilft ihr, die Wiese zu bändigen, dafür wird er bekocht, mit Büchern versorgt und vor allem gibt es zum ersten Mal jemanden, der ihn richtig ernst nimmt, ihm zuhört und ihm sagt, dass er ein cleveres Bürschchen ist.
Ursprünglich wollte er nur ein paar Tage bleiben, doch dann beginnt er die Hütte zu renovieren, die einst das Atelier von Dulcies Geliebter Romy war. Und er findet deren Gedichte. Der Anfang eines neuen Weges hat begonnen.
Ich liebte diesen Roman von den ersten Zeilen an. Die Schilderungen der Natur erinnerten mich an vielen Stellen an Stifter. Es ist ein langsames Buch, man muss genau lesen, es entschleunigt. Und dennoch ist die Geschichte unglaublich spannend und schön zu lesen. Was ist mit Romy passiert? Wird Robert wirklich zurückkehren nach jenem Sommer und beginnen, wie alle in seinem Dorf, in der Zeche zu arbeiten?
Sprachlich ist dieses Buch ein Genuss. Die eingestreuten Gedichte lockern das Ganze auf, man möchte sie immer und immer wieder lesen. Und sie sind nicht nur zum Lesegenuss eingefügt, sondern sind Puzzlestücke in der Handlung.
Ein Roman ganz nach meinem Geschmack, sprachlich wunderschön, interessante Geschichte, tolles Setting, der perfekt Rhythmus und ein Ende, das wie das Tüpfelchen auf das I passt. Ein Buch, das ich allen anspruchsvollen Lesern*innen wärmstens empfehlen kann.
Alles ist im Fluss. Und die Natur trägt immer den Sieg davon.
Gisela Simak aus Landshut am 07.04.2021
Bewertet: eBook (ePUB)
Meine Meinung!
Alles ist im Fluss. Und die Natur trägt immer den Sieg davon.
(91% auf dem Reader)
Erster Satz: Wo ist das Leben geblieben?
Die Geschichte beginnt mit einem betagten Mann in Nordengland. In einem alten Cottage sinniert er über sein Leben nach. Er erzählt uns seine Geschichte.
Der junge Robert hat gerade seinen Schulabschluss gemacht. Er kommt aus einer Familie, in der die Brötchen mit Kohleabbau verdient werden. Die Nachkriegszeit ist hart. Robert möchte Natur und Freiheit genießen. Er wartet das Ergebnis seines Schulabschlusses nicht ab. Er geht auf Wanderschaft, um die wunderschöne Natur Nordenglands und seinen Küstenlandschaften zu erkunden. Unterwegs verdient er sich seine kargen Mahlzeiten, indem er Arbeiten für Menschen verrichtet, deren Kräfte aufgebraucht sind. Viele Menschen hat der Krieg mürbe gemacht. In Robert hat er die Lust zum Abenteuer geweckt. Er schläft im Freien und fühlt sich eins mit der Natur. Beobachtet Vögel und sämtliches Getier, das sich in Schlupflöchern versteckt hält. Niemals hat er Angst vor Einsamkeit. Als er die offene See endlich erreicht, geht er täglich schwimmen. Sein Weg führt ihn zu einem windschiefen Cottage. Im Garten befindet sich eine Hütte, die von wildwucherndem Gras fast verschluckt wird. Eine ältere Dame und ihr (im ersten Moment einschüchternder) Hund, bewohnen das Haus. Dulcie ist eine resolute Dame, mit dem Herz am rechten Fleck. Sie bewirtet Robert und lädt ihn ein, sich bei ihr so lange aufzuhalten, wie er möchte. Mit sämtlichen Reparaturarbeiten bedankt sich der Junge für die Gastfreundschaft. Doch nicht nur das fabelhafte Essen bezaubert den mageren Jungen. Dulcie weiß viel über das Leben. Sie ist so ganz anders, als die älteren Frauen die Robert kennt. Die unkonventionelle Frau trägt das Herz auf der Zunge. Dennoch hat sie Lyrik in den Adern. Bezeichnet Honig als *Flüssige Poesie*! Tagsüber verrichtet Robert sämtliche Arbeiten im Garten. Er restauriert die Hütte, die einst ein Atelier war. Er findet nicht veröffentlichte Gedichte, die er jeden Tag vor dem Einschlafen liest. Sie sind traurig und wunderschön. Robert erkennt das, obwohl er nicht alles genau versteht. Er versteht auch nicht, warum Dulcie sich weigert, die wunderbaren Gedichte zu lesen.
Diese Geschichte besticht mit seinem poetischen Schreibstil. Ich hatte stets das Tosen der Nordsee im Ohr. Die raue Landschaft Nordenglands konnte ich mir bildlich vorstellen. Die harmonische Atmosphäre in Dulcies Cottage war zwischen den Zeilen spürbar. Roberts gemeinsame Abende mit Dulcie fand ich besonders köstlich. Da wurde zu delikatem Essen erlesener Wein oder Cognac serviert. In dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Dulcie hatte in ihrem Leben sehr viel erlebt. Die Geschichten die sie Robert erzählt, ziehen auch den Leser in seinen Bann. Sie ließen den Jungen oftmals vor Scham erröten. Er lauschte dennoch gespannt und lernte viel über das Leben, Literatur und Geschichte. Robert bemerkte sehr wohl, dass die ältere Frau ein trauriges Geheimnis hat. Dies zu ergründen hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Fazit
Ein Junge lernt die Freiheit und eine bemerkenswerte ältere Dame kennen. Beide helfen sich gegenseitig. Der Leser wird in die wunderschöne Landschaft Nordenglands entführt. In einer weltweiten Krise, in der die Menschen an ihre nervlichen Grenzen gelangen, kommt diese Geschichte zur rechten Zeit. Der Roman wird aus der Sicht von Robert erzählt.
Von mir eine absolute Empfehlung. Danke Benjamin Myers.
Mein Dank geht auch an den Dumont Verlag für den guten Tipp!
…. aus den Träumen der Kinder entstehen die großen Reiche der Zukunft. (13% auf dem Reader)
Lust ist kein Verbrechen. Sie ist ein Geburtsrecht. (73 % auf dem Reader)
Offene See ist ein poetisches, leises Buch voller Lebenslust. Geschrieben in einer wunderschönen, bildgewaltigen Sprache erzählt es von der Freundschaft einer älteren Dame und eines jungen Mannes. Eine Geschichte, in die man komplett eintauchen kann und sich dabei fühlt als wäre man auf einem Spaziergang an der Küste Englands.
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Ein Roman, der uns viel über den Einfluss einer Begegnung auf einen Lebensplan erzählt. Zugleich eine Geschichte, die der Natur viel Raum lässt und uns eintauchen lässt in eine faszinierende Welt. Eine poetische und berührende Lektüre. Ich hätte so gerne weitergelesen!