Ein Sommer auf dem Land, die erste grosse Liebe und ein schrecklicher Verdacht
Einen Neubeginn wagen – anderer Ort, andere Leute, alles auf Anfang! Das hofft Vio, als sie mit ihrer Familie in ein kleines Dorf in Süddeutschland zieht. Und als Vio am ersten Tag nicht nur Anschluss an eine nette Clique bekommt, sondern die Pizza auch noch von dem wirklich netten Konstantin gebracht wird, bekommt das Landleben schon mal 5 Sternchen. Bald kann Vio sich gar nicht mehr vorstellen, je etwas anderes gemacht zu haben, als durch leuchtende Maisfelder zu radeln und am sonnenwarmen See zu liegen – den Jungen ihrer Träume neben sich. Wäre da nur nicht die Clique seines grossen Bruders Robin mit ihren fremdenfeindlichen Sprüchen, die dann doch einen Schatten ins Sommerlicht werfen. Aber zum Glück hat Konstantin mit denen nichts zu schaffen – oder etwa doch?
Ein fein gezeichneter Roman über Zivilcourage, Loyalität und nicht zuletzt – die Liebe!
Der Titel Wie ein Schatten im Sommer fasst die Stimmung der Handlung ziemlich gut zusammen. Eigentlich sollten unsere Figuren ihren letzten Sommer genießen. Denn danach erwartet sie das letzte Schuljahr und die große Zukunft, von der sie bisher nur träumen. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Die Hauptfiguren Vio und Konstantin müssen sich nämlich mit schwierigen Fragen herumschlagen. Vio ist mit ihren Eltern von München ins fiktive Walddorf gezogen. Kurz vor dem Abi möchte sie einen Neustart. Warum? Keine Sorge, das werden wir natürlich erfahren. Vio weiß was sie will und auf was sie gut und gern verzichten kann. Sie steht zu ihrer Meinung. Doch gerade das ist für einige Leute in dem konservativen Dorf ein großes Problem.
Konstantin hingegen fühlt sich in Walddorf zu Hause. Er engagiert sich ehrenamtlich, ist im Dorf bekannt, wie kein Anderer. Alle mögen ihn und glauben ihn zu kennen. Dabei muss Konstantin erkennen, dass nicht mal er selbst weiß, wer er ist oder wer er sein möchte. Aber in einer Sache ist er sich ganz sicher: Er möchte möglichst viel Zeit mit Vio verbringen und ihr den Einstieg in der neuen Heimat erleichtern.
Als eines Tages die Freunde seines älteren Bruders beschließen, Konstantin in ihre Clique mit aufnehmen zu wollen, muss er sich entscheiden und sich über Themen Gedanken machen, die ihn bisher noch nicht beschäftigt haben.
Was ich an Wie ein Schatten im Sommer interessant finde sind vor allem zwei Aspekte: Hinter Aspekt Nummer 1 versteckt sich das zentrale Thema des Jugendbuches. Nämlich Rassismus, insbesondere Alltagsrassismus. Wie im Klappentext beschrieben gibt es die Clique mit den fremdenfeindlichen Sprüchen und Ansichten. Allerdings gibt es auch die ein oder andere Nebenfigur, die manche Dinge in Nebensätzen platziert, aber nicht bemerkt, dass genau diese Kommentare ebenfalls verletzend sein können. Was gut herausgearbeitet wurde ist, dass es nicht immer der "stereotypische" Rassismus sein muss, sondern es eben viele Punkte im Alltag gibt, die Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind, gar nicht auffallen.
Im zweiten Aspekt geht es um die inneren und äußeren Konflikte, die anhand der Hauptfiguren dargestellt werden.
Die meisten Personen in Walddorf kennen und mögen Konstantin. Er ist hilfsbereit, kommunikativ und bringt sich in vielen Vereinen ein. Er scheint also integriert. Von außen betrachtet führt er ein ganz normales Leben. Doch das was in ihm vorgeht, bekommt niemand mit. Er fragt sich, wo sein Platz ist und sieht nicht, dass er schon längst Teil einer Gruppe ist. Hier treffen innerer und äußerer Konflikt aufeinander. Dadurch, dass Konstantin auf der Suche nach seinem Platz im Leben ist, sucht er Wege, in der Hoffnung den Anschluss zu finden, den er sich wünscht.
Bei Vio kehrt sich das Ganze um. Sie zieht mit ihren Eltern aus München nach Walddorf und lässt keine leichte Zeit hinter sich. Was sie daraus mitnimmt? Sie weiß, was sie will und was sie nicht will. Sie hat eine Meinung, die sie lautstark vertritt. Es scheint also so, dass sie mit sich im reinen ist. Allerdings gibt es auch hier die äußere Dimension. Vio wird nicht von allen mit offenen Armen empfangen. Sie muss sich fragen, wem sie vertrauen kann und ob Walddorf wirklich ein neues Zuhause werden kann. Es passieren Dinge, die sie ins Zweifeln bringen. Somit stellt das, was im Außen passiert, Vio auf eine harte Probe.
Adriana Popescu hat mit ihrem Schreibstil wieder eine neue Perspektive von sich gezeigt. Im Gegensatz zu den vorherigen Jugendbüchern der Autorin wird es hier etwas ernster und weniger leicht. Was mich an ihrem Schreibstil aber beeindruckt hat, war wie gut sie die Zwischentöne mancher Sätze herausgearbeitet hat. Sätze, die man in zwei Richtungen deuten kann, was mir zuvor nicht in dem Ausmaß bewusst war.
Gut gefallen haben mir auch die Beschreibungen von Walddorf. Ich konnte mir das verschlafene Dorf förmlich vorstellen und wären manche Vorkommnisse nicht gewesen, hätte ich mich dort auch direkt zu Hause fühlen können.
Gesamteindruck
Wie ein Schatten im Sommer ist ein Jugendbuch, das ein wichtiges Thema anspricht, denen sich viele Menschen nicht bewusst sind. Vios und Konstantins Geschichte lädt ein, sich bewusster mit der eigenen Sprache zu befassen.
wichtiges Thema
marcysbuecherecke am 18.06.2022
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
TW: in diesem Buch geht es um Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
Die Geschichte wird aus der Sicht von Vio und Konstantin erzählt. Vio zieht mit ihrer Familie von der Großstadt in ein kleines Dorf und hofft dort auf einen Neustart. Sie lernt schon am ersten Tag Konstantin und seine Clique kennen und scheint gut angekommen zu sein, doch schon bald fangen die fremdenfeindlichen Sprüche wieder an.
Hier ist nicht alles eitel Sonnenschein, sobald man selbst ein bisschen aus dem Raster fällt! Dann kann es richtig beschissen werden!
Adriana Popescu schreibt in dieser Geschichte über ein Thema, welches leider immer noch sehr aktuell ist. Durch Vio erleben wir, wie Fremdenfeindlichkeit im Alltag aussehen kann und was sie mit Menschen anstellt. Außerdem zeigt sie auch, wie diese Ansicht bei Menschen entstehen kann und wie man in die falschen Kreise geraten und zu Handlungen gedrängt werden kann, ohne sie zu hinterfragen. Dank Adriana Popescus locker-leichten Schreibstil bin ich wieder sehr schnell durch die Geschichte geflogen und das trotz schwerer Thematik. Die Handlung hat mich mitgenommen und schockiert, manche Charaktere haben mich mit ihren Handlungen und Ansichten sehr aufgeregt. Das war bestimmt beabsichtigt, aber dennoch hätte ich mir ein paar Erkenntnisse und Handlungen von einer bestimmten Person schon früher in der Handlung gewünscht. Auch Vios Geheimnis hätte ich als Leserin gerne schon früher erfahren, damit es mehr thematisiert wird.
Insgesamt hat mir "Wie ein Schatten im Sommer" trotz ein paar Kritikpunkte wieder sehr gut gefallen. Für mich ist es bisher das schwächste Buch der Autorin (aber immer noch gut!!), aber ich kann dennoch empfehlen, diese oder andere Geschichten der Autorin zu lesen!