Einer der bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik, der politisch engagierte deutsche Journalist und Schriftsteller Kurt Tucholsky gehörte zu den schärfsten Gesellschaftskritikern in der Tradition Heinrichs Heines. Tucholskys Leben glich einer Achterbahn: aufregend, engagiert und tragisch zugleich. Dies alles und besonders sein tragischer Tod, der lange als Suizid galt, bildet die Grundlage für den historisch angelegten Kriminalroman »Dating Tucholsky« von Ulrich LAND. Der Autor stellt sich vor allem die Frage, was tatsächlich an dem 21. Dezember 1935, dem Todestag von Tucholsky, in Göterborg geschah.
Es gibt sie, die Parallelen zwischen The Cure Sänger Robert Smith und dem Schriftsteller Kurt Tucholsky, doch dazu später. Im historisch angelehnten raffiniert erzählten wie ungewöhnlichen Kriminalroman "Dating Tucholsky" von Ulrich Land aus dem Jahre 2021 begegnet man - wie der Roman-Titel auf subtile Art andeutet – Kurt Tucholsky, und zwar nicht, wie man als unbedarfte*r Leser*In annehmen könnte, als Schriftsteller, sondern ausschließlich als Privatmensch.
In drei Zeitabschnitten datet man „Tucho“ wie er unter anderem liebevoll genannt wird. Zunächst in den Jahren 1910 bis 1913 als Anfang zwanzigjährigen Frauenversteher und Draufgänger, dann in seinen letzten Jahren zwischen 1933 und 1935, und schließlich in der Rückschau (2010 bis 2013) aus der Sicht zweier Frauen betrachtet bzw. recherchiert, deren Großeltern bzw. Urgroßeltern Einfluss hatten auf Leben und womöglich auch Sterben von Tucholsky. Drei Theorien zum ungeklärten Tod des Schriftstellers im Dezember 1935 werden während der spannenden wie humorvollen Lektüre deutlich, von der absichtlichen Selbsttötung mit einer Überdosis Schlaftabletten, über die unabsichtliche (permanente Dosissteigerung infolge der Abhängigkeit), bis zur Tötung durch Fremdeinwirkung oder gar Mord. Nicht auszuschließen, dass er von den Nationalsozialisten, denen er als ungeliebter, ja verhasster Schriftsteller ein Dorn im Auge war, aus dem Weg geräumt wurde.
Ulrich Land versteht es mit ungewöhnlichen und gleichsam dem jeweiligen Zeitabschnitt angepassten Sprachbildern den Menschen Kurt Tucholsky in seiner jeweiligen Welt quasi zeichnerisch darzustellen.
Am Ende bleibt in mir das Bild Tucholskys aus seiner letzten Lebensphase. Das Loslassen, einhergehend mit dem äußerlichen wie innerlichen Rückzug oder Verfall. Von diesen Dingen las ich zu Beginn des Jahres 2023. Präsent noch die jüngsten Bilder und Videoausschnitte der The Cure Tour von Ende 2022. Der Anblick des stark gealterten, äußerlich vernachlässigt wirkenden, ja beinahe depressiv anmutenden Robert Smith ließ mich ans Aussehen und die letzte Lebensphase von Kurt Tucholsky denken. Und ich fragte mich, ob Robert Smith weiß, wie man eine Pfeffermühle auch noch nutzen kann.