Auf der Beerdigung ihres Vaters hält Ariane am Flügel inne, die gefeierte Konzertpianistin, belauert von der Trauergesellschaft. Eine dröhnende Pause, ein langes Atemholen, und Ariane setzt an - zu Schostakowitschs »Opus 77« und zu der Geschichte ihrer Familie. Ihr Vater, der grosse Dirigent, der Maestro, übermächtig in Orchester und Familie. Ihr Bruder, Geigenvirtuose, das blasse Gesicht verborgen hinter schwarzen Locken. Ihre Mutter, ehemals leuchtend, nur noch ein schwacher Schatten. Und sie selbst, verdeckt von der perfekten Inszenierung der unnahbaren Pianistin. Vom einsamen Gesang steigert sich Arianes Opus zu einem dämonischen Tanz, der die Ruhe zerreisst und die Missklänge der Vergangenheit aufwirbelt.
Das meinen unsere Kund*innen
0.0
0 Bewertungen
Verfassen Sie die erste Bewertung zu diesem Artikel
Die Familie Claessens widmet ihr ganzes Streben der hohen Kunst der klassischen Musik. Der stets auf Aussenwirkung bedachte Vater, der als Maestro und Dirigent ein Orchester in der Westschweiz leitet, die Tochter, die als gefeierte Pianistin um die Welt tourt, der Bruder, der an seinem hohen Selbstanspruch zerbricht und als gescheitertes Wunderkind endet und die einst strahlende Sängerin und Mutter Yaël, die in Glanz ihres Mannes verzweifelt und zunehmend verstummt, ja verblüht. Die kühle und eiserne Pianistin erzählt uns diese traurige Familiengeschichte während sie an der Trauerfeier nach dem Tod des Vaters mit zorniger Verve Schostakowitschs berühmtes Opus 77 spielt. Dieses Stück ist legendär, weil es auch talentierte Interpreten an die Grenzen ihrer Kunst treibt. Es geht in diesem Roman um einen narzistischen Vater, die talentierten und doch nie genügenden Kinder und die Mutter, deren Glanz rund um die Aura ihres Mannes so verblasst, dass sie mehrere Suizidversuche unternimmt. Es gelingt dem Autor herausragend , Faszination, Fluch und Segen dieser Konzertindustrie zu beschreiben. Und wie dieser Autor diese Momente einfängt, wo die Kinder über sich hinauswachsen, diese eine perfekte Interpretation eines Stücks abliefern, das habe ich noch nie so ergreifend und mitreissend gelesen. Was dieses Buch auszeichnet, ist nichts Geringeres, als dass eine ganze Welt aus Musik so erzählt wird, dass auch Leute, die nichts mit klassischer Musik am Hut haben, fasziniert sein werden. Hier wird literarisch aus dem Vollen geschöpft und grossartig auf dem Gefühlskino der Lesenden gespielt.