Der Künstleragent Max Horwitz stellt einen Zeichner, einen Schauspieler und einen Musiker ein, mit denen er ins aufstrebende Zeichentrickfilm-Geschäft einsteigen will. Anfangs läuft alles gut. Als dann aber die Arbeitsproben des jüdischen Zeichners konfisziert werden und schliesslich im Propagandaministerium landen, gerät die Gruppe ins Visier der Nazis. Die Dinge werden kompliziert. Denn die Machthaber sind auf Anhieb begeistert, wollen sich die Zeichentrickfilm-Idee zunutze machen, schmieden grosse Pläne.
Schaffen es Horwitz und seine Leute, sich aus der Propaganda-Umarmung wieder zu befreien?
Ein Roman über Mut und Moral in schwerer Zeit - und über Hitlers geheime Liebe zum amerikanischen Zeichentrickfilm.
Ein Cartoon für groß und klein aber gebt acht es könnte ein Nazi sein
Eliza am 01.05.2022
Bewertungsnummer: 1704896
Bewertet: eBook (ePUB)
Ein recht vielsagender Titel hatte mich in den Bann gezogen. Leider bin ich mit der Ausarbeitung der Geschichte nur mäßig überzeugt worden. Das Cover ist in schwarz und weiß gestaltet. Erkennbar ist ein weißer Kopf der Mickey-Maus auf schwarzem Hintergrund. Am Ende des Mickey-Mouse Kopfes ist ein schwarzes „Hitlerbärtchen“ zu erkennen. Der Klappentext ist sehr allgemein gehalten und weiß dennoch etwas Spannung zu erzeugen.
In der Geschichte geht es um den Künstleragenten Max Horwitz, welcher aufgrund der aufkommenden Zeichentrickfilme aus den USA bestrebt ist einen „deutschen Zeichentrickfilm“ zu drehen. Somit engagiert er ein Ensemble bestehend aus einem Musiker, Zeichner sowie einem Schauspieler, um seinen Traum zu verwirklichen. Leider macht ihm die Politik der Nationalsozialisten einen Strich durch die Rechnung. Wird es das Team trotz der Repressalien der Nazis schaffen den Film zu drehen bzw. ihre eigene Haut zu retten?
Der Hauptprotagonist ist ein Künstleragent, welcher sehr von sich überzeugt ist. Aufgrund seiner halbjüdischen Vergangenheit ist er jedoch ein „Feind“ des Systems der Nationalsozialisten, weshalb er schnell Sympathie für seine angestellten Künstler entwickelt. Die wesentlichen Nebendarsteller der Geschichte sind der Zeichner Joshua Weismann, der Schauspieler Arthur Hinrichsen, der Musiker Robert Madlow sowie Trixi die Nichte von Max Horwitz. Am besten hat mir dabei der Musiker Robert Madlow gefallen, schafft er es trotz der Ängste von einer Verfolgung mit Ruhe und kühlem Kopf Max Horwitz bei seinen Plänen beizustehen.
Insgesamt ist aber festzustellen, dass die Charaktere in diesem Roman etwas blass daherkommen. Der Autor hat interessante Ansätze gezeigt, diese aber meiner Meinung nach zu wenig „Leben“ eingehaucht. Die Spannung der Erzählung ist gut und steigert sich gegen Ende noch weiter. Der Aufbau der Geschichte ist stringent und mit kleinen Zeitsprüngen versehen. Die Handlung spielt in Berlin in den 30iger Jahren der Nazizeit und ist somit für die Leser gut einordbar. Der Schreibstil des Autors ist flüssig und tendenziell eher dialogorientiert. Ein größerer Kritikpunkt ist an dem Erzählstil des Autors festzuhalten. Die Geschichte wirkt in sich nicht komplett auserzählt, sondern kommt in manchen Passagen etwas abgehakt daher. Des Weiteren hat sich bei mir während des Lesens eine gewisse Gleichgültigkeit von Ereignissen dargestellt. Etwas mehr Wendungen oder Hindernisse hätten es dabei sein dürfen. Als Zielgruppe des Romans kommen Anhänger des Filmwesen in Frage. Das Fazit ist eher gespalten. Gute Ansätze eines interessanten und ausgewogenen Romans sind erkennbar gewesen, allerdings hätte der Erzählstil, sowie die Charaktere dabei etwas ausgearbeiteter werden können.
Eine unbedingte Leseempfehlung
Gertie G. aus Wien am 24.04.2022
Bewertungsnummer: 1700890
Bewertet: eBook (ePUB)
Schauplatz Berlin 1935: Adolf Hitler ist seit zwei Jahren Reichskanzler. Die Nürnberger Rassegesetze sind in Kraft, Juden und Andersdenkende werden verhaftet und in Lager gesteckt. Daneben will der NS-Staat mit allen Mitteln eine eigene grandiose Filmindustrie aufbauen. Blöd nur, dass die führenden Köpfe, jüdische Regisseure wie Schauspieler und Drehbuchautoren aus dem Land vertrieben worden sind. Die wenigen, die noch geblieben sind, versuchen soweit es geht, unsichtbar zu bleiben. Soweit der geschichtliche Hintergrund, vor dem dieser als Krimi deklarierte historische Roman spielt.
Der halbjüdische Künstleragent Max Horwitz will auch in das aufstrebende Zeichentrickfilm-Geschäft à la Walt Disney einsteigen. Dafür engagiert er einen Zeichner, einen Musiker und einen Schauspieler. Bei einer Razzia der SA werden die Skizzen des jüdischen Zeichners beschlagnahmt und landen im Propagandaministerium, wo man über die geheime Vorliebe des Reichskanzlers für Zeichentrickfilme weiß. Gleichzeitig erkennt dort Ministerialrat Dr. Keller den Wert der Zeichnungen für die Propaganda. Die fieberhafte Suche nach dem Zeichner beginnt.
Vorerst fügen sich Horwitz und seine Leute den Avancen des Propagandaministeriums und liefern Dr. Keller einen Trickfilm mit Schwein, Dachs und Gans. Gleichzeitig suchen sie heimlich einen Ausweg aus der tödlichen Umarmung des Regimes, denn allen ist bewusst, dass sie auf Gedeih und Verderb den Launen von Hitler & Co ausgesetzt sind.
»Büzzje, büzzje, büzzje …« Die Frauen hielten jetzt ihre Pässe hoch, stürmten auf die Männer zu, wollten die Pässe genauestens zeigen, die Grenzer dabei umarmen, lachend, albern, aufgedreht.
Grietje hatte sich dicht an einen der Beamten geschmiegt. »Na, Herr Kommissar, nun durchsuchen Sie mir doch mal ein büschen!«, sagte sie mit stark holländischem Akzent und wollte ihm dabei sogar die Dienstmütze vom Kopf nehmen, was der Mann aber verhinderte.
Den Grenzbeamten gelang es nur mühsam, die entfesselten Frauen zum Bus zurückzukomplimentieren. Eine nach der anderen stieg schließlich, laut singend und klatschend, wieder ein. Die Grenzer waren am Ende froh, einer warf noch einen kurzen Blick in den Bus, auf weitere Kontrollen wurde verzichtet. Die Tür schloss sich, der Schlagbaum öffnete sich, der Bus fuhr los.“
Meine Meinung:
Marc Hecht ist ein interessanter zeitgeschichtlicher Roman rund um die Propaganda in Nazi-Deutschland gelungen, der die Anachronismen des Diktators und seines Unrechtsregimes aufzeigt. Wenn man nicht über die fatalen Auswirkungen von Hitlers Größenwahn Bescheid wüsste, könnte man ja darüber fast lachen. Doch bei 6 Millionen ermordeten Juden bleibt einem das Lachen im Hals stecken.
So schmunzle ich über die Chuzpe von Max Horwitz und seinem Team, wie sie dem Regime doch noch, unter Zuhilfenahme moderner Medientechnik, ein Schnippchen schlagen.
Marc Hecht schafft es, die bedrohliche Szenerie der Diktatur sehr gut darzustellen und gleichzeitig, zumindest für diese Protagonisten, einen Hoffnungsschimmer am Horizont erscheinen zu lassen.
Fazit:
Diesem Roman über Mut und Moral in einer Zeit, in der ein falsches Wort zu falscher Zeit, den sprichwörtlichen Kopf gekostet hat, gebe ich gerne verdiente 5 Sterne und eine Leseempfehlung.