Mitten im Sommer ist eine tiefgründige Antwort auf die Frage, was es heisst, heute um die dreissig zu sein, und eine bewegende Liebeserklärung an die Generation der Eltern und an das, was wir Heimat nennen. Es wurde unmittelbar nach Erscheinen zu einem Bestseller in Spanien und zugleich zu einem international viel diskutierten Phänomen. Mit Ana Iris Simón meldet sich eine neue ehrliche, authentische Stimme zu Wort, die die Welt elektrisiert.
»Überwältigend, strotzend vor Wahrheit.« — Sergio del Molino
»Wie es glänzt, wie es riecht, wie es klingt. Was für ein schönes Buch.« — Miqui Otero
Die Autorin fängt in ihrer Kindheit an und schreibt frei von ihrer Leber, so wie Kinder sprunghafte Gedanken haben. Sie greift die Frage auf „Hatten es unsere Eltern wirklich besser?“ und spricht/schreibt über Ängste der Jugend: Geld, Reisen, Leben, den Jugendwahn, Hauskauf, Kinder kriegen, materielle Zwänge. Aber auch erwachsene Themen wie Politik, die Schichten/Mittel- und Oberschicht und die spanische Geschichtsentwicklung kommen stark rüber bei ihr.
Sie erzählt von ihrer grossen Familie und mit unter hat man Mühe die einzelnen Namen in ihrem Stammbaum zuzuordnen.
Interessant fand ich ihre Beschreibung wie und warum sie zur Erstkommunion gehen wollte und das obwohl sie seitens des Vaters atheistisch erzogen wurde. Ihre Diskussion mit der Freundin über die Gleichstellung der Frau hat sich zur aktuellen Lage überhaupt nicht geändert, allenfalls noch intensiviert. Am schönsten fand ich die Anekdote des Grossvaters der einen Baum pflanzte und der Schatten für sie und ihre Kinder sein wird und wie sie ihre Liebe zu ihrem Brüderchen nach dessen Geburt beschreibt.
Damit haltet sich aber das positive schon in Grenzen. Spannend fand ich das Buch leider nicht. Ich habe vieles querlesen müssen und hatte sehr grosse Mühe beim Lesen dran zu bleiben. Es hat sich für mich zu sehr in die Länge gezogen. Für mich fehlt eine gewisse Spannung, ein roter Faden. Die Sprunghaftigkeit der Gedanken, die zu viele verschachtelten und wiederholenden Sätze sind nichts für mich. Ich habe mir unter „Stimme einer verlorenen Generation“ etwas anderes vorgestellt. Leider musste ich daher das Lesen des Buches abbrechen, da ich mich zum Lesen zwingen müsste Und das möchte ich nicht.
Autobiografischer Roman aus Spanien
Bewertung am 27.11.2022
Bewertungsnummer: 1833865
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Ana Iris Simón erzählt die Geschichte ihrer Generation.
Sie wurde 1991 auf dem Land geboren und ihre Kindheit
war für sie "Sommer". Die Großeltern, bei denen sie oft die
Ferien verbrachte tingelten über Jahrmärkte durchs Land.
Die Eltern arbeiten hart für eine bessere Zukunft, auch für eine gute Bildung der Kinder. Ana Mari kann studieren und fühlt sich doch unsicher, sie schämt sich ihrer ländlichen Herkunft.
Trotz guter Ausbildung und Studium wird das Leben dieser
Generation nicht einfach und Aufstieg gelingt nur schwer.
Heute lebt Ana Iris Simón wieder auf dem Land und hat sozusagen ihre Basis gefunden.
Meinungen aus unserer Buchhandlung
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Was für ein Buch: Die Geschichte einer Familie, eines Landes, der Kultur, Politik, Wirtschaft und Religion – kurz: eine Geschichte von allem, was das Leben der Autorin, Ana Iris Simón, bisher geprägt hat.
Entstanden ist ein autofiktionales Porträt, nicht nur der Autorin, sondern auch ihrer Generation und der jüngeren Wirtschaftsgeschichte Spaniens. Symptomatisch dafür hat sie nach dem Studium ganz verschiedene Jobs ausgeübt, die teils nichts mit ihrem Studium zu tun hatten, nur um vor ihrem 30. Geburtstag bereits dreimal die Kündigung zu erhalten.
Nun also ist ihr Erstling auf Deutsch erschienen, der vor Erzähllust und -kunst nur so sprüht. Sie spielt darin mit Sprache, vor allem mit regionalen oder auch familiär geprägten Ausdrücken, die ins Deutsche zu übertragen der Übersetzerin, Svenja Becker, ganz hervorragend gelungen ist. Sie spielt aber auch mit der Länge ihrer Sätze, was mir vor allem in der Wiedergabe der Gespräche mit ihren Freundinnen aufgefallen ist. Da reihen sich die Wörter ohne Punkt und fast ohne Komma aneinander und ich hatte den Eindruck, den lebhaften Diskussionen live beizuwohnen.
Grundsätzlich beginnt sie mit Anekdoten aus ihrer Kindheit, von der aus sie zu ihrer Jugend wechselt, um mit Gedanken zu Familie, Elternschaft und Liebe – also quasi Erwachsenenthemen – abzuschliessen. Ihre Erinnerungen, die sie hier sammelt, sind oft von Assoziationen geprägt und enthalten zwangsläufig gedankliche Sprünge, doch Simón holt uns immer wieder zurück zu ihrem jeweiligen Einstiegsgedanken und beendet auch ihre Kapitel immer so, dass sich ein Kreis schliesst. Auch im Erzählstil zeigt sich das Alter der jeweiligen Erinnerungsphase und so überzeugte bspw. das erste Drittel in seinen Erkenntnissen und Gedankengängen mit kindlichem Charme. Charme ist ohnehin etwas, das ihre gleichnamige Ich-Erzählerin im Überfluss hat, ebenso wie Humor.
Im «zweiten» Teil, als sie langsam erwachsen wird, häufen sich interkulturelle Verweise, bspw. mit Zitaten aus Trainspotting, Erwähnung von Memes, Internetphänomenen, der Popkultur und natürlich von Liedern. Spanische Musik prägt Phasen ihres Lebens ohnehin, was mich mehr als einmal wünschen liess, es gäbe eine Playlist zum Buch.
Aber auch die spanische Geschichte, Wirtschaft und Politik der letzten siebzig und insbesondere der letzten dreissig Jahre spielen, zwangsläufig, eine grosse Rolle, und so philosophiert, analysiert und urteilt sie über deren Einflüsse auf ihr Leben und das ihrer Generation. Manch pauschale Aussage wirkt provokativ, regt aber zu eigenen Überlegungen an – und der Wunsch formt sich, es liesse sich (mit ihr) darüber diskutieren.
Eine zentrale Rolle in ihrem Leben spielt ihre Familie. Wie sie von ihren Eltern, den zahlreichen Onkel und Tanten, den Grosseltern, Cousinen und ihrem kleinen Bruder, Javi, erzählt, ist so voller Zärtlichkeit und Liebe, dass ich mir am Ende gewünscht habe, selbst zu ihrer Familie zu gehören. Sie wächst mit den Geschichten ihrer Familie auf, sie formen eigene Rituale und sie entwickelt sich an den Diskussionen mit ihrem Vater, der in seinen Geschichten lebt, zu einer eigenständigen Denkerin. Ausserdem ist er mit ein Grund dafür, dass sie nun Geschichten schreibt. Denn als sie achtundzwanzig Jahre alt war, «eröffnete er uns auch, was unsere Aufgabe war. Bis dahin war er dafür zuständig gewesen, uns zu erzählen, was und wie alles war. Er hatte sich darum gekümmert, die Wirklichkeit, unsere Wirklichkeit, zu ordnen, sie sich auszudenken oder eher, sie uns zu erklären. Jetzt waren wir an der Reihe, das für ihn zu tun. Der Moment war gekommen. Wir hatten aufgehört, Kinder zu sein.»
Am Schluss habe ich unzählige Stellen markiert, Lieblingszitate herausgeschrieben, viel über Spanien gelernt und eine neue Lieblingsautorin gefunden. Ana Iris Simón ist eine grossartige neue Erzählstimme, von der ich hoffentlich noch viel lesen werde.