Der Kaiser reist inkognito

Der Kaiser reist inkognito

Joseph II. und das Europa der Aufklärung - Ausgezeichnet mit dem Friedrich-Schiedel-Literaturpreis – jetzt im Taschenbuch

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Beschreibung

Details

Einband

Taschenbuch

Erscheinungsdatum

10.07.2024

Verlag

Penguin

Seitenzahl

384

Beschreibung

Details

Einband

Taschenbuch

Erscheinungsdatum

10.07.2024

Verlag

Penguin

Seitenzahl

384

Maße (L/B/H)

18.5/11.6/3 cm

Gewicht

310 g

Sprache

Deutsch

ISBN

978-3-328-10945-7

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Der Kaiser in Ketten

Petra von Straks am 07.02.2024

Bewertungsnummer: 2125794

Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Ein junger Mann liegt im Dreck. Angekettet an eine feuchte, eisige Mauer. Um ihn herum nichts als Dreck und menschliche Exkremente. Der Mann jedoch wirkt gepflegt. Seine Kleidung ist wertvoll und nur vom Knien beschmutzt. Jeder Leser fragt sich natürlich bei dieser Stelle zu Beginn des Buches, wer das ist, der da in einem Kerker zu verrotten scheint. Die Antwort kommt prompt: Kein Geringerer als Kaiser Joseph II, Sohn der Kaiserin Maria Theresia und ihr Mitregent. Was war passiert? Der Kaiser wollte das Leben seiner Untertanen kennenlernen und dazu gehörte die Kerkerstrafe. Er wollte wissen, wie all die Männer und Frauen sich fühlen, wenn sie für Tage, Wochen – gar Jahre so eingesperrt wurden. Diese Stunden in Ketten sollten ihn prägen. Er beschloss, seine Länder inkognito zu bereisen und so direkt und ungeschönt zu erfahren, wie das alltägliche Leben der Menschen verlief. Welche Sorgen und Probleme sie hatten. Monika Czernin nimmt uns nunmehr mit auf seine zahlreichen Reisen kreuz und quer durch sein Reich. Aufgefüllt wird das Ganze durch Briefexzerpte, die er u.a. an seine Mutter und seinen Bruder schrieb, der in der Toscana Vorbildliches an Reformen leistete. Ich muss gestehen, ich habe das Buch von der ersten Seite an verschlungen. Es bringt einem die grauenhafte Lebenssituation der einfachen Menschen so unverstellt näher, dass man nur mit Verwunderung auf jene blicken kann, die behaupten, früher sei doch alles besser gewesen. Czernin versteht es dabei, die Hintergründe der wirtschaftlichen und politischen Misere, die in jenem gewaltigen Reich herrschte, leicht nachvollziehbar, und dabei dennoch nicht oberflächlich vorzustellen. Durch Zitate von Augenzeugen, trifft einen das Geschehen so unmittelbar, dass man beinahe den Gestank riechen kann, der von den zahllosen Siechen und Bettlern ausgeht. Vom auf dem Feld verrotteten Getreide und den sterbenden Tieren. Wo es sicherlich verlockend wäre, Schuld zuzuweisen, bringt sie es fertig, aufzuzeigen, wie die Herrschenden versucht haben, gegen Strukturen und Traditionen anzugehen und doch scheiterten. Aber auch diejenigen werden benannt, die von der Misere, von der Leibeigenschaft und der Ausbeutung schamlos profitierten. Es stimmt einen sehr nachdenklich, wenn man diesen neuen Blick auf das 18. Jahrhundert tut. Man merkt, wie einfach es war ein „Ancien Régime“ zu kritisieren und wie schwer es den Menschen damals fiel, Auswege zu erkennen. Aufgeteilt ist das Buch übrigens in Kapitel, die sich an den Reisen des Kaisers orientieren. Wer mag, kann zu Beginn jedes Kapitels die Stationen der Reise nachvollziehen und sich im nächsten Urlaub vielleicht sogar auf die Spuren des Kaisers begeben. Ein spannendes Unterfangen mit Sicherheit. Dieser aufgeklärte Monarch, der inkognito durch die Lande reiste, mit Bauern und Herren sprach und nicht müde wurde, Bittschriften entgegenzunehmen und Reformen anzustoßen, hatte aber auch seine Schattenseiten, wie Czernin darlegt. Es geht um die Teilung Polens. Maria Theresia hat sie unterschrieben, aber der Kaiser hatte sie zu verantworten. Maria Theresia unterschrieb, weil sie einen Krieg fürchtete, den sie nicht würde stemmen können bei all der wirtschaftlichen Not in ihrem Reich. So zitiert Czernin sie mit einem Briefzitat: „Diese schreckliche Teilung Polens kostet mich zehn Jahre meines Lebens.“ Und: „Ihr werdet sehen, wie unglücklich sich diese ganze Affäre entwickeln wird.“ Joseph aber hatte sich mit Friedrich II verständigt, der wiederum hatte die russische Zarin ins Boot geholt und dann stand der Teilung nichts mehr im Wege. „Partager le gâteau“ („Den Kuchen teilen“), wie man das nannte. Was vielleicht manche Leser eines Sachbuches irritieren könnte, sind die romanhaften Stellen. „Sind wir angekommen, fragt sich Joseph, während er sich den Schlaf aus den Augen reibt. Er hört Stimmen. Einige sprechen Ungarisch, andere Deutsch (...) Er hat schlecht geträumt. (...) Joseph atmet tief ein. Als on ihn seine geheimen Wünsche irgendwie beunruhigen würden.“ Ich muss gestehen, dass ich mich erst an sie gewöhnen musste. Allerdings konnte ich keine Stelle finden, deren Erfindung irgendwelche falschen Schlussfolgerungen ermöglicht hätten. Möglicherweise sind sie sogar durch Briefe oder Tagebucheinträge gedeckt. Das vermag ich nicht zu sagen. Auf jeden Fall gestalten sie das Buch lebendiger als es eine reine Aufzählung von Fakten könnte. Sehr gut finde ich auch die Zeittafel im Anhang, die einem einen sehr guten Überblick über die wichtigsten Geschehnisse gibt, sodass man alles gut nachvollziehen kann, auch wenn man später etwas nachschauen möchte. Es gibt des weiteren ein Ortsregister, das aber zu wünschen übrig lässt. Wenn man eines anhängt, sollte es auch wirklich alle Orte, die im Text genannt werden, erwähnen. Dies geschieht hier nicht, was ich schade finde. So hatte ich nicht gewusst, dass der Kaiser auch im zu meinem Wohnort nahegelegen Worms war, das dann aber im Anhang fehlt. (Ja, ja – ich weiß – der Lokalpatriotismus ...) Auf den Klappeninnenseiten finden sich farbige Karten Europas und seiner Aufteilung, was ich sehr interessant finde. FAZIT: Ein rundum gelungenes Buch, das nicht nur einen ungewöhnlichen Kaiser vorstellt und begreifbar macht, sondern, das auch einen unverstellten Blick auf die Menschen des 18. Jahrhunderts ermöglicht. Die Zeit der Aufklärung, die leider weitgehend in Vergessenheit geraten ist mit ihren modernen Ansätzen und Reformversuchen, wird wieder lebendig und verführt die Leser hoffentlich zu einer neuerlichen Beschäftigung mit dieser aufregenden und für Europa wegweisenden Zeit. Es liest sich spannend wie ein Roman und regt dazu an, sich noch weitergehend zum Thema zu informieren. Was mich persönlich angeht, so habe ich noch eine umfangreiche Maria Theresia- Biografie liegen, die ich jetzt angehen werde. Immerhin war das 18. Jahrhundert auch das Jahrhundert der großen Herrscherinnen.

Der Kaiser in Ketten

Petra von Straks am 07.02.2024
Bewertungsnummer: 2125794
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Ein junger Mann liegt im Dreck. Angekettet an eine feuchte, eisige Mauer. Um ihn herum nichts als Dreck und menschliche Exkremente. Der Mann jedoch wirkt gepflegt. Seine Kleidung ist wertvoll und nur vom Knien beschmutzt. Jeder Leser fragt sich natürlich bei dieser Stelle zu Beginn des Buches, wer das ist, der da in einem Kerker zu verrotten scheint. Die Antwort kommt prompt: Kein Geringerer als Kaiser Joseph II, Sohn der Kaiserin Maria Theresia und ihr Mitregent. Was war passiert? Der Kaiser wollte das Leben seiner Untertanen kennenlernen und dazu gehörte die Kerkerstrafe. Er wollte wissen, wie all die Männer und Frauen sich fühlen, wenn sie für Tage, Wochen – gar Jahre so eingesperrt wurden. Diese Stunden in Ketten sollten ihn prägen. Er beschloss, seine Länder inkognito zu bereisen und so direkt und ungeschönt zu erfahren, wie das alltägliche Leben der Menschen verlief. Welche Sorgen und Probleme sie hatten. Monika Czernin nimmt uns nunmehr mit auf seine zahlreichen Reisen kreuz und quer durch sein Reich. Aufgefüllt wird das Ganze durch Briefexzerpte, die er u.a. an seine Mutter und seinen Bruder schrieb, der in der Toscana Vorbildliches an Reformen leistete. Ich muss gestehen, ich habe das Buch von der ersten Seite an verschlungen. Es bringt einem die grauenhafte Lebenssituation der einfachen Menschen so unverstellt näher, dass man nur mit Verwunderung auf jene blicken kann, die behaupten, früher sei doch alles besser gewesen. Czernin versteht es dabei, die Hintergründe der wirtschaftlichen und politischen Misere, die in jenem gewaltigen Reich herrschte, leicht nachvollziehbar, und dabei dennoch nicht oberflächlich vorzustellen. Durch Zitate von Augenzeugen, trifft einen das Geschehen so unmittelbar, dass man beinahe den Gestank riechen kann, der von den zahllosen Siechen und Bettlern ausgeht. Vom auf dem Feld verrotteten Getreide und den sterbenden Tieren. Wo es sicherlich verlockend wäre, Schuld zuzuweisen, bringt sie es fertig, aufzuzeigen, wie die Herrschenden versucht haben, gegen Strukturen und Traditionen anzugehen und doch scheiterten. Aber auch diejenigen werden benannt, die von der Misere, von der Leibeigenschaft und der Ausbeutung schamlos profitierten. Es stimmt einen sehr nachdenklich, wenn man diesen neuen Blick auf das 18. Jahrhundert tut. Man merkt, wie einfach es war ein „Ancien Régime“ zu kritisieren und wie schwer es den Menschen damals fiel, Auswege zu erkennen. Aufgeteilt ist das Buch übrigens in Kapitel, die sich an den Reisen des Kaisers orientieren. Wer mag, kann zu Beginn jedes Kapitels die Stationen der Reise nachvollziehen und sich im nächsten Urlaub vielleicht sogar auf die Spuren des Kaisers begeben. Ein spannendes Unterfangen mit Sicherheit. Dieser aufgeklärte Monarch, der inkognito durch die Lande reiste, mit Bauern und Herren sprach und nicht müde wurde, Bittschriften entgegenzunehmen und Reformen anzustoßen, hatte aber auch seine Schattenseiten, wie Czernin darlegt. Es geht um die Teilung Polens. Maria Theresia hat sie unterschrieben, aber der Kaiser hatte sie zu verantworten. Maria Theresia unterschrieb, weil sie einen Krieg fürchtete, den sie nicht würde stemmen können bei all der wirtschaftlichen Not in ihrem Reich. So zitiert Czernin sie mit einem Briefzitat: „Diese schreckliche Teilung Polens kostet mich zehn Jahre meines Lebens.“ Und: „Ihr werdet sehen, wie unglücklich sich diese ganze Affäre entwickeln wird.“ Joseph aber hatte sich mit Friedrich II verständigt, der wiederum hatte die russische Zarin ins Boot geholt und dann stand der Teilung nichts mehr im Wege. „Partager le gâteau“ („Den Kuchen teilen“), wie man das nannte. Was vielleicht manche Leser eines Sachbuches irritieren könnte, sind die romanhaften Stellen. „Sind wir angekommen, fragt sich Joseph, während er sich den Schlaf aus den Augen reibt. Er hört Stimmen. Einige sprechen Ungarisch, andere Deutsch (...) Er hat schlecht geträumt. (...) Joseph atmet tief ein. Als on ihn seine geheimen Wünsche irgendwie beunruhigen würden.“ Ich muss gestehen, dass ich mich erst an sie gewöhnen musste. Allerdings konnte ich keine Stelle finden, deren Erfindung irgendwelche falschen Schlussfolgerungen ermöglicht hätten. Möglicherweise sind sie sogar durch Briefe oder Tagebucheinträge gedeckt. Das vermag ich nicht zu sagen. Auf jeden Fall gestalten sie das Buch lebendiger als es eine reine Aufzählung von Fakten könnte. Sehr gut finde ich auch die Zeittafel im Anhang, die einem einen sehr guten Überblick über die wichtigsten Geschehnisse gibt, sodass man alles gut nachvollziehen kann, auch wenn man später etwas nachschauen möchte. Es gibt des weiteren ein Ortsregister, das aber zu wünschen übrig lässt. Wenn man eines anhängt, sollte es auch wirklich alle Orte, die im Text genannt werden, erwähnen. Dies geschieht hier nicht, was ich schade finde. So hatte ich nicht gewusst, dass der Kaiser auch im zu meinem Wohnort nahegelegen Worms war, das dann aber im Anhang fehlt. (Ja, ja – ich weiß – der Lokalpatriotismus ...) Auf den Klappeninnenseiten finden sich farbige Karten Europas und seiner Aufteilung, was ich sehr interessant finde. FAZIT: Ein rundum gelungenes Buch, das nicht nur einen ungewöhnlichen Kaiser vorstellt und begreifbar macht, sondern, das auch einen unverstellten Blick auf die Menschen des 18. Jahrhunderts ermöglicht. Die Zeit der Aufklärung, die leider weitgehend in Vergessenheit geraten ist mit ihren modernen Ansätzen und Reformversuchen, wird wieder lebendig und verführt die Leser hoffentlich zu einer neuerlichen Beschäftigung mit dieser aufregenden und für Europa wegweisenden Zeit. Es liest sich spannend wie ein Roman und regt dazu an, sich noch weitergehend zum Thema zu informieren. Was mich persönlich angeht, so habe ich noch eine umfangreiche Maria Theresia- Biografie liegen, die ich jetzt angehen werde. Immerhin war das 18. Jahrhundert auch das Jahrhundert der großen Herrscherinnen.

Der Kaiser reist inkognito

Bewertung aus Raach am Hochgebirge am 27.04.2021

Bewertungsnummer: 1486688

Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Am 16.04.2021 habe ich das Buch gekauft und bis es bei mir war, sind auch einige Tage vergangen. Erwarten Sie daher am 24.04.2021 wirklich schon eine Bewertung????

Der Kaiser reist inkognito

Bewertung aus Raach am Hochgebirge am 27.04.2021
Bewertungsnummer: 1486688
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Am 16.04.2021 habe ich das Buch gekauft und bis es bei mir war, sind auch einige Tage vergangen. Erwarten Sie daher am 24.04.2021 wirklich schon eine Bewertung????

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