Als Rifka und Jarno auf die Färöer Inseln reisen, in die Heimat von Jarnos verstorbenem Grossvater, hat das Paar noch keine Ahnung davon, wie negativ das Wort »Abenteuer« konnotiert sein kann. Sie landen im 34-Seelen-Dörfchen Mikladalur, wo die Sage der Robbenfrau kursiert, die aus Rachsucht Männer verschwinden lässt. Sogar eine Statue am Meer erinnert an sie. Das Gerede im Ort tut die depressive Rifka als Unfug ab – bis ihr Freund plötzlich wie vom Erdboden verschluckt ist. Besessen davon, Jarno wiederzufinden, taucht Rifka tief in das Leben und den Glauben der Inselbevölkerung ein. Dabei stösst sie auf das schreckliche Schicksal einer Dorfbewohnerin, das der Legende der Robbenfrau mehr Wahrheit einhaucht, als Rifka je hätte träumen können.
Was für ein eindringliches Buch, aber keine leichte Kost!
Lisa (Lesebegeistert_) aus Hildesheim am 07.05.2023
Bewertungsnummer: 1936999
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Das war auf mehreren Ebenen kein leichter Read - auf seine eigene Weise sehr beeindruckend, aber keine leichte Kost!
Der Schreibstil der Autorin ist, wie ich bereits von ihrem Debüt wusste, richtig gut, sprachgewaltig & besonders, aber eben auch sehr anspruchsvoll. Das Buch liest sich nicht mal eben weg, man muss seine ganze Aufmerksamkeit beisammen haben, um nichts zu überlesen. Zudem ist die gesamte Stimmung im Buch düster, mysteriös, unheilvoll & beklemmend. Das wird sicher nicht für alle was sein, ich mag es immer gern, wenn die Atmosphäre etwas in mir auslöst - egal ob Wohlfühl-Laune oder unbehagliche Gefühle.
Zugegeben, ich war nicht selten verwirrt, auch da die Protagonistin Rifka selbst nicht immer ganz „klar“ war. Es fiel mir schwer, ihren Gedanken zu folgen bzw. zu verstehen. Sie war für mich nicht optimal greifbar. Häufig konnte ich nicht sagen, ob Dinge gerade wirklich oder in ihrer Einbildung geschahen. Verstärkt wird dies dadurch, dass man auch nie weiß, wer von den Nebenfiguren vertrauenswürdig ist. Es gab Szenen, die ich mir bildlich nicht so gut vorstellen konnte & die etwas abrupt wechselten. Das alles passte aber gut zum Stil des Buches.
Es gibt eine Perspektive aus der Vergangenheit, die es definitiv in sich hat. Emotional war ich da voll dabei. Generell behandelt das Buch wichtige, mitunter schwer verdauliche Themen. Ein Thema kommt erst recht spät ans Licht, daher nenne ich es hier nicht - fand es sehr gut umgesetzt. Von mir aus hätte es ruhig noch ‚informativer‘ sein können, um einen besseren Zugang dazu zu gewähren. Ich habe mich „glücklicherweise“ erst intensiv damit befasst & konnte es mir daher gut erschließen. So wichtig, darüber zu sprechen & dann noch so eindringlich. Hut ab!
Dinge blieben bis zuletzt - gewollt - offen. Lässt mich immer etwas unruhig zurück, wenn nicht alles geklärt ist, war aber wirklich gut gemacht & wieder sehr passend.
Insgesamt fand ich die Story stellenweise etwas wirr, trotzdem hat es mich sehr mitgerissen. Ein spezielles Buch mit hohem Wiedererkennungswert.
Von mir gibt es gute vier Sterne!
Bewegende Story mit mystischen Elementen
Bewertung am 20.11.2022
Bewertungsnummer: 1829827
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Rifka reist mit ihrem Freund Jarno auf die Färöer Inseln – in die Heimat von Jarnos Großvater, der im Sterben liegt. Eher widerwillig hat sich Rifka zu dieser Reise bereitschlagen lassen, aber Jarno zuliebe willigt sie ein. Nach dem Tod des Großvaters landen die beiden im 34-Seelen-Dörfchen Mikladalur – mitten im Nirgendwo. Als dann auch noch Jarno verschwindet und dies mit der blutigen Sage um die Robbenfrau in Verbindung gebracht wird, entfacht dies in Rifka einen ungewohnten Mut und sie macht sich fast schon besessen auf die Suche nach ihm. Dabei kommen Dinge ans Licht, die manche lieber nicht gewusst hätten. Welche Rolle spielt die rätselhafte Gunille?
Direkt von Beginn an wurde ich vom sehr eigenen und unverwechselbaren Schreibstil der Autorin gefangen genommen. Berit Sellmann schreibt sehr bildhaft und atmosphärisch – man bekommt die Bilder direkt in den Kopf gepflanzt und landet gedanklich in der kalten Einsamkeit. Größtenteils sind wir perspektivisch auf der Seite von Rifka und da diese extrem emotional ist und auch immer wieder Gedächtnislücken hat, muss man sich beim Lesen sehr konzentrieren. Was erst einmal wirr anmutet, bekommt nach und nach mehr Sinn und die Zusammenhänge werden klar. Beim Lesen bemerkt man ihre innere Zerrissenheit, ihre Besessenheit und Zweifel, was den Schreibstil sehr prägt. So gut wie jede der Personen, die in Erscheinung treten, haben eine tragende Rolle und das Zusammenspiel dieser Charaktere sehr gut dargestellt. Einzelne Kapitelteile sind als Erinnerungen gekennzeichnet – von wem und was genau passiert ist erst noch unklar. Aber genau diese Teile sind wahnsinnig berührend. Die übergreifende Thematik möchte ich hier noch nicht erwähnen um nicht zu spoilern, aber ich finde die Umsetzung dieser absolut gelungen. Manche Fragen blieben für mich offen, aber im Großen und Ganzen konnte mich das Buch überzeugen. Man muss sich darauf einlassen, aber wer Lust auf einen Roman hat, der nicht alltäglich ist, wird hier sicher fündig.