Das Lächeln des Diktators

Das Lächeln des Diktators

Essays

eBook

Fr.19.00

inkl. gesetzl. MwSt.

Das Lächeln des Diktators

Ebenfalls verfügbar als:

Gebundenes Buch

Gebundenes Buch

ab Fr. 28.90
eBook

eBook

ab Fr. 19.00

Beschreibung

Details

Format

ePUB 3

Kopierschutz

Nein

Family Sharing

Ja

Text-to-Speech

Ja

Erscheinungsdatum

29.08.2022

Verlag

Unionsverlag

Beschreibung

Details

Format

ePUB 3

eBooks im ePUB 3-Format erlauben eine dynamische Anpassung des Inhalts an die jeweilige Display-Größe des Lesegeräts. Das Format eignet sich daher besonders für das Lesen auf mobilen Geräten, wie z.B. Ihrem tolino, Tablets oder Smartphones.

Kopierschutz

Nein

Dieses eBook können Sie uneingeschränkt auf allen Geräten der tolino Familie, allen sonstigen eReadern und am PC lesen. Das eBook ist nicht kopiergeschützt und kann ein personalisiertes Wasserzeichen enthalten. Weitere Hinweise zum Lesen von eBooks mit einem personalisierten Wasserzeichen finden Sie unter Hilfe/Downloads.

Family Sharing

Ja

Mit Family Sharing können Sie eBooks innerhalb Ihrer Familie (max. sechs Mitglieder im gleichen Haushalt) teilen. Sie entscheiden selbst, welches Buch Sie mit welchem Familienmitglied teilen möchten. Auch das parallele Lesen durch verschiedene Familienmitglieder ist durch Family Sharing möglich. Um eBooks zu teilen oder geteilt zu bekommen, muss jedes Familienmitglied ein Konto bei einem tolino-Buchhändler haben. Weitere Informationen finden Sie unter Hilfe/Family-Sharing.

Text-to-Speech

Ja

Bedeutet Ihnen Stimme mehr als Text? Mit der Funktion text-to-speech können Sie sich im aktuellen tolino webReader das eBook vorlesen lassen. Weitere Informationen finden Sie unter Hilfe/text-to-speech.

Erscheinungsdatum

29.08.2022

Verlag

Unionsverlag

Seitenzahl

144 (Printausgabe)

Dateigröße

2687 KB

Übersetzer

  • Ute Cantera-Lang
  • Rawezh Salim

Sprache

Deutsch

EAN

9783293311251

Das meinen unsere Kund*innen

5.0

1 Bewertungen

Informationen zu Bewertungen

Zur Abgabe einer Bewertung ist eine Anmeldung im Kund*innenkonto notwendig. Die Authentizität der Bewertungen wird von uns nicht überprüft. Wir behalten uns vor, Bewertungstexte, die unseren Richtlinien widersprechen, entsprechend zu kürzen oder zu löschen.

5 Sterne

(1)

4 Sterne

(0)

3 Sterne

(0)

2 Sterne

(0)

1 Sterne

(0)

Bücher sind die stehende Armee der Freiheit (Jean Paul)

Almut Scheller-Mahmoud am 16.11.2022

Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Bachtyar Ali nimmt uns mit diesem schmalen Essay-Band mit auf eine Reise durch sein ureigenstes Universum: als Kurde geboren und aufgewachsen, in einer religiös durchtränkten Gesellschaft. Und er enthüllt der Leserschaft nicht nur ein Thema, sondern er wickelt es aus, er entfaltet es (Willemsen). Als Seismograph seiner Welt, bringt er uns oft unbekannte Facetten näher. Im 1. Essay leuchtet er die Persönlichkeit Saddam Husseins, eines Diktators par excellence, aus. Der demonstrierte in Selbstinszenierungen seine Macht. Der Satz Ludwig des IIV „ L’etat c’est moi“ passt wie maßgeschneidert auf diesen Mann und sein Herrschaftssystem. Das Lachen bei seiner Hinrichtung war keine Tapferkeit, Furchtlosigkeit oder Todesverachtung, sondern eine seiner Inszenierungen: Das Lächeln des Mächtigen. Das Lächeln des Ge-Mächtigen. Die 43 lächelnden Gesichtsmuskeln mit passenden makellosen Zähnen sind eine moderne Währung.. Er wäre ein perfekter Instagrammer geworden. Im 2. Essay wird die Moderne als Erobererin beschrieben, Maschinen, die in die Dörfer und Städte des Orients einrollten, sie überrollten. Die Franzosen und Engländer zerstörten mit ihren technischen Monstern ganze Regionen. Für den Orient waren die Produkte der Technik etwas Wesensfremdes. Man hatte keinen Gegenentwurf zum Fortschritt, keine Erneuerung der Weltbilder, sondern blieb im Status quo. Schon Al Afghani (1838 bis 1897) fragte, warum der Orient so rückschrittlich sei und Dan Diner erkannte die "Versiegelte Zeit". Homo faber und Homo consumens waren die neuen Götter des Westens, sie läuteten die Veränderung der Gesellschaft ein, im Orient ruhte man sich auf den hochzeitlichen Diwanen der arabischen wissenschaftlichen Kultur aus und es kam lediglich zu Machtverschiebungen. Es gab politische und gesellschaftliche Veränderungen, aber das Herz der Mentalitäten klopfte im alten, vorgegebenen Rhythmus. Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches zerbrach das ausgewogene Gleichgewicht und jede Ethnie und Glaubensrichtung erhob Ansprüche auf einen eigenen Staat. Die von den Europäern eingesetzten Stellvertreter waren so gewählt, dass die einzelnen Fraktionen keine Macht erlangen konnten. Der Staat wurde zum Schrittmacher der Geschwin- digkeit, die Gesellschaft jedoch trabte im Rhythmus der alten Zeit durch das Leben. Auch im 3. Essay zeigt sich der Zusammenbruch des Osmanischen Reiches als Zäsur. Die Bewegung der Säkularisierung war noch zu schwach, um auf Gott zu verzichten. Es gab noch kein Surrogat. Religion bot eine einfache Erklärung für das Dasein und die Welt, das geistige Leben war umbrüchig. Im 20. Jahrhundert kehrten die Assassinen in modernem Gewand als die Bewaffneten Gottes zurück, unterstützt vom Westen. Für den Orient war alles Gottes Wille. Gott war aktiv, der Mensch passiv. Der orientalische Mensch sah im Stärksten das Abbild Gottes. Nietzsches Übermensch materialisierte sich in Diktatoren wie Atatürk, dem Schah, Saddam. Früher war die Religion ein spirituelles Bedürfnis mit einer persönlichen Beziehung zum Allmächtigen, ein Schutzschild gegen den Staat. Nun gab es nur Ängste und das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit. Die moderne Büchse der Pandora ließ die Städte wuchern, die Dörfer wurden durch die Landflucht zu stagnierenden Orten ohne Schulen oder Spitäler. Die Bauern hatten den Bezug zu einem Leben im natürlichen Rhythmus verloren, aber sie zogen es vor, in den Städten als Bürger 2. Klasse zu vegetieren. Aber dieser Bruch zwischen Mensch und Natur, das Gefühl der inneren Leere und eines verlorenen Lebens war die Triebkraft für den politischen Islam. Im 4. Essay bringt er mit Canetti ein spiegelloses Leben, eine spiegellose Gesellschaft aufs Tapet. Wer sich nicht selbst betrachten kann, hat kein wahres Bild von sich. Im Orient sähe man nur Trugbilder und so sei die Selbstreflexion und das Erkennen des eigenen Ichs schwach entwickelt. Der Zusammenbruch des Osmanischen Reiches brachte das Scheitern mit sich und das Erkennen des eigene Scheiterns bedeutete Ängste und Hoffnungslosigkeit. Said beschreibt in seinem Buch „Orientalismus“ das vom Westen geschaffene Trugbild, verschweigt aber die selbst geschaffenen Trugbilder. Ein Spiegel zeigt das wahre Gesicht. Er ist kein Fernglas für die Weite, sondern ein Brennglas für die eigene Nähe. Im 5. Essay zeigt Ali auf, dass In der orientalischen Literatur Krieg und Gewalt keine Fremdwörter sind, aber das individuelle Morden eines Krimis ein unbekanntes Element. Töten ist ein Mittel der Macht, der Politik, des Kollektivs, kein Einzelwerk. Kriege, Attentate, Hinrichtungen sind alltäglich, der Staat mit seiner Willkürjustiz kein Beschützer. Schaustellung von Macht und Männlichkeit. Der Verlust der Macht, der Verlust des Mannseins bedeutet phallus-los zu sein. Freud erkannte die männliche Angst vor Kastration und Theweleit beschrieb in seinen „Männerphantasien“ die männlichen Körperpanzer. Im Orient ist jeder Krieg ein Ausdruck von Männlichkeit, Ehre und Bewahrung derselben. Dort braucht man keine individuell zelebrierten Morde. In Warum ich auf Kurdisch schreibe lernen wir etwas über Sprache, Bachtyar Alis Sprache, das Sorani – Kurdisch mit den Zweigen Sorani, Kurmanschi und Zazaki wurde von allen Machthabern der Länder Türkei, Irak, Iran und Syrien verboten und so war es für den Autor ein nachvollziehbares Gefühl, dass seine Sprache physisch und psychisch ein Teil von ihm sei. Mit der Sprache und durch die Sprache erfassen wir die Welt: sie macht uns zu einem sozialen Geschöpf und gibt uns Heimat. Sie ruht tief in uns, verbunden mit unseren Träumen, Wünschen und Ängsten. Die Sprache ist unsere ganz persönliche Schatztruhe, sie birgt Farben, Gerüche und Geschmäcker. Heidegger hat die Sprache als „Haus des Seins“ beschrieben. Die Sprachen, die wir später lernen, erfassen wir mit dem Verstand, sie ermöglichen uns neue Horizonte, aber sie sind nicht der Schlüssel zu unserem Inneren. Das Leben in zwei Sprachwelten. Im Dialog und im Monolog: Sprache für die anderen und Sprache für sich selbst. Und im letzten Essay evoziert Ali sein Elternhaus, in dem es viele, auch verbotene Bücher gab, die in einem eigens konstruierten Versteck im Sofa Schutz fanden. Seine Liebe zu Büchern entstand, als er entdeckte, dass das geschriebene und das gesprochene Wort des Alltags nicht deckungsgleich waren. E gehorchte dem Befehl der verängstigten Großmutter und verbrannte die Bücher des Vaters. Nach einer Verhaftung floh Ali nach Teheran: dort gab es Bücher in Hülle und Fülle und zog mittellos von Buchhandlung zu Buchhandlung, las ein Kapitel hier, ein Kapitel dort, Tag für Tag. Nach einer Zeit kehrte er zurück. Lebte in einem Bergdorf und schrieb seinen ersten Roman. Später schmuggelte er Bücher von Hegel, Popper, Wittgenstein, Böll. Rührend seine Ansprache an den tierischen Transporteur: „Liebes Muli, ich vertraue dir mein Leben und das Überleben dieser Bücher an. Die einen wichtigen Teil der menschlichen Zivilisation beherbergen. Weil ich glaube, dass du diese Aufgabe besser erfüllen kannst als die Menschen. Für seine Buchgefährten musste ein neues Versteck gefunden werden. Bei einem Bücherretter fanden sie Unterkunft. Der wurde jedoch denunziert und gehängt. Die autoritären Staaten fürchten den Leser, nicht die Bücher. Bradburys „Fahrenheit 451“ ist ein gutes Beispiel für das vom Staat entworfene Feindbild. Am Flughafen in Frankfurt fragte man ihn, warum er gekommen sei. „Um in Ruhe lesen zu können." Bachtyar Alis Essays sind zeitgeschichtliche Preziosen, verbunden mit politischen und gesellschaftlichen Betrachtungen, verflochten mit seinen ganz persönlichen Erfahrungen. Er hat ein tiefes Verständnis für Literatur, für das Lesen und das Schreiben, fühlt sich dabei umhüllt von seiner ersten Sprache. Er öffnet uns neue Horizonte aus dem Dickicht des Hausgemachten, bringt Vielfalt statt Einfalt. Das ist in der Welt des literarischen und journalistischen Einheitsbreis ein großes Verdienst. DANKE.

Bücher sind die stehende Armee der Freiheit (Jean Paul)

Almut Scheller-Mahmoud am 16.11.2022
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Bachtyar Ali nimmt uns mit diesem schmalen Essay-Band mit auf eine Reise durch sein ureigenstes Universum: als Kurde geboren und aufgewachsen, in einer religiös durchtränkten Gesellschaft. Und er enthüllt der Leserschaft nicht nur ein Thema, sondern er wickelt es aus, er entfaltet es (Willemsen). Als Seismograph seiner Welt, bringt er uns oft unbekannte Facetten näher. Im 1. Essay leuchtet er die Persönlichkeit Saddam Husseins, eines Diktators par excellence, aus. Der demonstrierte in Selbstinszenierungen seine Macht. Der Satz Ludwig des IIV „ L’etat c’est moi“ passt wie maßgeschneidert auf diesen Mann und sein Herrschaftssystem. Das Lachen bei seiner Hinrichtung war keine Tapferkeit, Furchtlosigkeit oder Todesverachtung, sondern eine seiner Inszenierungen: Das Lächeln des Mächtigen. Das Lächeln des Ge-Mächtigen. Die 43 lächelnden Gesichtsmuskeln mit passenden makellosen Zähnen sind eine moderne Währung.. Er wäre ein perfekter Instagrammer geworden. Im 2. Essay wird die Moderne als Erobererin beschrieben, Maschinen, die in die Dörfer und Städte des Orients einrollten, sie überrollten. Die Franzosen und Engländer zerstörten mit ihren technischen Monstern ganze Regionen. Für den Orient waren die Produkte der Technik etwas Wesensfremdes. Man hatte keinen Gegenentwurf zum Fortschritt, keine Erneuerung der Weltbilder, sondern blieb im Status quo. Schon Al Afghani (1838 bis 1897) fragte, warum der Orient so rückschrittlich sei und Dan Diner erkannte die "Versiegelte Zeit". Homo faber und Homo consumens waren die neuen Götter des Westens, sie läuteten die Veränderung der Gesellschaft ein, im Orient ruhte man sich auf den hochzeitlichen Diwanen der arabischen wissenschaftlichen Kultur aus und es kam lediglich zu Machtverschiebungen. Es gab politische und gesellschaftliche Veränderungen, aber das Herz der Mentalitäten klopfte im alten, vorgegebenen Rhythmus. Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches zerbrach das ausgewogene Gleichgewicht und jede Ethnie und Glaubensrichtung erhob Ansprüche auf einen eigenen Staat. Die von den Europäern eingesetzten Stellvertreter waren so gewählt, dass die einzelnen Fraktionen keine Macht erlangen konnten. Der Staat wurde zum Schrittmacher der Geschwin- digkeit, die Gesellschaft jedoch trabte im Rhythmus der alten Zeit durch das Leben. Auch im 3. Essay zeigt sich der Zusammenbruch des Osmanischen Reiches als Zäsur. Die Bewegung der Säkularisierung war noch zu schwach, um auf Gott zu verzichten. Es gab noch kein Surrogat. Religion bot eine einfache Erklärung für das Dasein und die Welt, das geistige Leben war umbrüchig. Im 20. Jahrhundert kehrten die Assassinen in modernem Gewand als die Bewaffneten Gottes zurück, unterstützt vom Westen. Für den Orient war alles Gottes Wille. Gott war aktiv, der Mensch passiv. Der orientalische Mensch sah im Stärksten das Abbild Gottes. Nietzsches Übermensch materialisierte sich in Diktatoren wie Atatürk, dem Schah, Saddam. Früher war die Religion ein spirituelles Bedürfnis mit einer persönlichen Beziehung zum Allmächtigen, ein Schutzschild gegen den Staat. Nun gab es nur Ängste und das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit. Die moderne Büchse der Pandora ließ die Städte wuchern, die Dörfer wurden durch die Landflucht zu stagnierenden Orten ohne Schulen oder Spitäler. Die Bauern hatten den Bezug zu einem Leben im natürlichen Rhythmus verloren, aber sie zogen es vor, in den Städten als Bürger 2. Klasse zu vegetieren. Aber dieser Bruch zwischen Mensch und Natur, das Gefühl der inneren Leere und eines verlorenen Lebens war die Triebkraft für den politischen Islam. Im 4. Essay bringt er mit Canetti ein spiegelloses Leben, eine spiegellose Gesellschaft aufs Tapet. Wer sich nicht selbst betrachten kann, hat kein wahres Bild von sich. Im Orient sähe man nur Trugbilder und so sei die Selbstreflexion und das Erkennen des eigenen Ichs schwach entwickelt. Der Zusammenbruch des Osmanischen Reiches brachte das Scheitern mit sich und das Erkennen des eigene Scheiterns bedeutete Ängste und Hoffnungslosigkeit. Said beschreibt in seinem Buch „Orientalismus“ das vom Westen geschaffene Trugbild, verschweigt aber die selbst geschaffenen Trugbilder. Ein Spiegel zeigt das wahre Gesicht. Er ist kein Fernglas für die Weite, sondern ein Brennglas für die eigene Nähe. Im 5. Essay zeigt Ali auf, dass In der orientalischen Literatur Krieg und Gewalt keine Fremdwörter sind, aber das individuelle Morden eines Krimis ein unbekanntes Element. Töten ist ein Mittel der Macht, der Politik, des Kollektivs, kein Einzelwerk. Kriege, Attentate, Hinrichtungen sind alltäglich, der Staat mit seiner Willkürjustiz kein Beschützer. Schaustellung von Macht und Männlichkeit. Der Verlust der Macht, der Verlust des Mannseins bedeutet phallus-los zu sein. Freud erkannte die männliche Angst vor Kastration und Theweleit beschrieb in seinen „Männerphantasien“ die männlichen Körperpanzer. Im Orient ist jeder Krieg ein Ausdruck von Männlichkeit, Ehre und Bewahrung derselben. Dort braucht man keine individuell zelebrierten Morde. In Warum ich auf Kurdisch schreibe lernen wir etwas über Sprache, Bachtyar Alis Sprache, das Sorani – Kurdisch mit den Zweigen Sorani, Kurmanschi und Zazaki wurde von allen Machthabern der Länder Türkei, Irak, Iran und Syrien verboten und so war es für den Autor ein nachvollziehbares Gefühl, dass seine Sprache physisch und psychisch ein Teil von ihm sei. Mit der Sprache und durch die Sprache erfassen wir die Welt: sie macht uns zu einem sozialen Geschöpf und gibt uns Heimat. Sie ruht tief in uns, verbunden mit unseren Träumen, Wünschen und Ängsten. Die Sprache ist unsere ganz persönliche Schatztruhe, sie birgt Farben, Gerüche und Geschmäcker. Heidegger hat die Sprache als „Haus des Seins“ beschrieben. Die Sprachen, die wir später lernen, erfassen wir mit dem Verstand, sie ermöglichen uns neue Horizonte, aber sie sind nicht der Schlüssel zu unserem Inneren. Das Leben in zwei Sprachwelten. Im Dialog und im Monolog: Sprache für die anderen und Sprache für sich selbst. Und im letzten Essay evoziert Ali sein Elternhaus, in dem es viele, auch verbotene Bücher gab, die in einem eigens konstruierten Versteck im Sofa Schutz fanden. Seine Liebe zu Büchern entstand, als er entdeckte, dass das geschriebene und das gesprochene Wort des Alltags nicht deckungsgleich waren. E gehorchte dem Befehl der verängstigten Großmutter und verbrannte die Bücher des Vaters. Nach einer Verhaftung floh Ali nach Teheran: dort gab es Bücher in Hülle und Fülle und zog mittellos von Buchhandlung zu Buchhandlung, las ein Kapitel hier, ein Kapitel dort, Tag für Tag. Nach einer Zeit kehrte er zurück. Lebte in einem Bergdorf und schrieb seinen ersten Roman. Später schmuggelte er Bücher von Hegel, Popper, Wittgenstein, Böll. Rührend seine Ansprache an den tierischen Transporteur: „Liebes Muli, ich vertraue dir mein Leben und das Überleben dieser Bücher an. Die einen wichtigen Teil der menschlichen Zivilisation beherbergen. Weil ich glaube, dass du diese Aufgabe besser erfüllen kannst als die Menschen. Für seine Buchgefährten musste ein neues Versteck gefunden werden. Bei einem Bücherretter fanden sie Unterkunft. Der wurde jedoch denunziert und gehängt. Die autoritären Staaten fürchten den Leser, nicht die Bücher. Bradburys „Fahrenheit 451“ ist ein gutes Beispiel für das vom Staat entworfene Feindbild. Am Flughafen in Frankfurt fragte man ihn, warum er gekommen sei. „Um in Ruhe lesen zu können." Bachtyar Alis Essays sind zeitgeschichtliche Preziosen, verbunden mit politischen und gesellschaftlichen Betrachtungen, verflochten mit seinen ganz persönlichen Erfahrungen. Er hat ein tiefes Verständnis für Literatur, für das Lesen und das Schreiben, fühlt sich dabei umhüllt von seiner ersten Sprache. Er öffnet uns neue Horizonte aus dem Dickicht des Hausgemachten, bringt Vielfalt statt Einfalt. Das ist in der Welt des literarischen und journalistischen Einheitsbreis ein großes Verdienst. DANKE.

Unsere Kund*innen meinen

Das Lächeln des Diktators

von Bachtyar Ali

5.0

0 Bewertungen filtern

Die Leseprobe wird geladen.
  • Das Lächeln des Diktators