Pünktlich zum Start der 2. Staffel: Die Vorlage zum HBO-Blockbuster »House of the Dragon« als Taschenbuch-Ausgabe – für alle Targaryen-Fans zum Einsteigen und Nachlesen.
Was für Tolkiens Leser das Silmarillion ist, ist für die George R.R. Martin-Fans »Feuer und Blut«. Die epische Vorgeschichte von »Das Lied von Eis und Feuer«, bekannt als TV-Serienhit »Game of Thrones«, erzählt den Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen. Das Buch spielt drei Jahrhunderte, bevor Martins berühmte Westeros-Saga beginnt, nämlich als Aegon Targaryen mit seinen Schwestergemahlinnen und ihren drei Drachen den Kontinent Westeros eroberte. 280 Jahre währte die Herrschaft seiner Nachkommen. Sie überstanden Rebellion und Bürgerkrieg – bis Robert Baratheon den irren König Aerys II. vom Eisernen Thron stürzte. Dies ist die Geschichte des grossen Hauses Targaryen, niedergeschrieben von Erzmaester Gyldayn, transkribiert von George R.R. Martin.
Als »House of the Dragon« von HBO verfilmt!
Ich werde nicht lügen: Dies ist kein leicht zu lesender Roman. Das liegt jedoch nicht daran, dass George R. R. Martin ein Autor mit einer komplexen Erzählweise ist oder dass die Geschichte langweilig wäre. Nein, nichts davon. Vielmehr ist es ein herausforderndes Buch, weil es weder in seiner Struktur noch in seiner Erzählweise den typischen Konventionen der Literatur folgt. Und genau das kann sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche sein.
Die 896 Seiten von Feuer und Blut sind in Form einer historischen Chronik verfasst. Das Lesen dieses Romans fühlt sich an, als würde man ein Geschichtsbuch aus der Schulzeit oder der Universität aufschlagen. Es beschränkt sich darauf, eine Abfolge von Daten, Orten, Namen und Ereignissen in chronologischer Reihenfolge zu präsentieren – mit dem einzigen Zusatz, dass für jedes bedeutende Geschehen zwei bis drei unterschiedliche Versionen existieren, die auf Gerüchten oder verschiedenen Quellen beruhen. Das Buch versucht, eine authentische historische Abhandlung aus der Welt von Das Lied von Eis und Feuer nachzubilden – eine von einem Maester verfasste Aufzeichnung der Targaryen-Dynastie. Es ist keine klassische Romanerzählung mit persönlichen Perspektiven und tiefen Einblicken in die Charaktere, sondern vielmehr eine fiktive Geschichtsdokumentation.
Einerseits ist dies eine äußerst gewagte, aber zugleich originelle Entscheidung des Autors. Nach der Lektüre dieses ersten Bandes der Dilogie bin ich überzeugt, dass es weitaus anspruchsvoller sein muss, ein solches Werk zu verfassen, als einen traditionellen Fantasy-Roman. Die Fülle an Ereignissen, historischen Details und politischen Entwicklungen ist beeindruckend und zeigt das außergewöhnliche Erzähltalent von Martin. Dennoch stellt der chronikartige Erzählstil eine Herausforderung dar, denn er bringt eine gewisse Distanz zur Geschichte mit sich. Die Abwesenheit von persönlichen Perspektiven der Targaryen-Protagonisten führt dazu, dass das Buch stellenweise kalt und unpersönlich wirkt.
In keinem Moment von Feuer und Blut übernehmen die zahlreichen historischen Figuren selbst die Erzählung, um ihre Erlebnisse aus der eigenen Sicht zu schildern. Dadurch bleibt eine direkte Verbindung zu ihnen aus. Alles, was sie gesagt oder getan haben, wird aus der Perspektive Dritter berichtet – von Chronisten oder Maestern, die nicht einmal Augenzeugen der Ereignisse waren. Dadurch bleibt immer eine gewisse Unsicherheit darüber, ob das Erzählte tatsächlich so geschehen ist oder ob es nur eine subjektive Interpretation darstellt. Die verschiedenen Quellen widersprechen sich teilweise, sodass nie eine absolute Wahrheit vermittelt wird. Diese Besonderheit macht das Buch für viele Leser schwierig oder sogar ermüdend, da es mehr einem Sachbuch als einem Roman gleicht.
Ich persönlich habe mehrere Tage gebraucht, um Feuer und Blut zu lesen. Glücklicherweise hatte ich nie das Bedürfnis, es abzubrechen, da mich die Geschichte wirklich fesselte. Allerdings gab es einige extrem lange Kapitel von nahezu 100 Seiten, die ich als weniger spannend empfand, da sie sich mit Herrschern und Epochen befassten, die mich nicht besonders interessierten. Diese Passagen zogen sich zusätzlich in die Länge, weil sie nicht von den betroffenen Charakteren selbst erzählt wurden. Andererseits gab es auch Abschnitte, die ich absolut großartig fand. Besonders faszinierend waren die Erzählungen über Aegon I. und seine Eroberung von Westeros sowie die Kapitel über den Tanz der Drachen, sowohl kurz vor dessen Ausbruch als auch auf dem Höhepunkt des Konflikts. Diese Teile gehörten für mich zu den Höhepunkten des Buches und trugen maßgeblich dazu bei, dass ich letztlich vier Sterne vergab – ohne sie wäre meine Bewertung niedriger ausgefallen.
Wie bereits erwähnt, ist dies kein Buch für jeden Leser – nicht einmal für alle Fans von George R. R. Martins anderen Werken. Man muss sich auf den ungewöhnlichen Stil einlassen und eine gewisse Geduld mitbringen, um sich an die Erzählweise zu gewöhnen. Andernfalls kann es schwerfallen, eine Verbindung zur Geschichte herzustellen. Dennoch bin ich froh, dem Buch eine Chance gegeben zu haben. Besonders spannend ist es, zu sehen, wie die HBO-Serie House of the Dragon eine der im Buch vorgestellten Versionen als offizielle Geschichte etabliert. Da George R. R. Martin selbst an der Serie mitarbeitet, verleiht dies den Ereignissen in der Serie eine gewisse Kanonisierung. Die Serienmacher leisten eine beeindruckende Arbeit dabei, diese Geschichte auf eine Weise zu adaptieren, die es den Zuschauern ermöglicht, eine emotionale Bindung zu den Charakteren aufzubauen – etwas, das im Buch aufgrund des distanzierten Erzählstils nicht immer gelingt.
Fazit
Feuer und Blut ist eine außergewöhnliche, aber auch anspruchsvolle Lektüre. Es handelt sich weniger um einen klassischen Roman als vielmehr um eine fiktive Geschichtschronik, die das Leben und die Herrschaft der Targaryens in einer sachlichen, manchmal distanzierten Weise schildert. George R. R. Martin beweist hier einmal mehr seine Genialität als Geschichtenerzähler, doch der nüchterne Stil könnte nicht jedem gefallen. Wer sich auf das Konzept einlassen kann und ein Faible für detaillierte Hintergrundinformationen hat, wird hier eine faszinierende Darstellung der Vergangenheit von Westeros finden. Wer jedoch eine klassische Romanerzählung mit tiefgehenden Charakterstudien erwartet, könnte Schwierigkeiten haben, sich mit dem Buch anzufreunden. Insgesamt bleibt es eine beeindruckende Ergänzung zu Das Lied von Eis und Feuer – aber definitiv nicht für jeden Leser geeignet.
4 von 5 Sternen!
Der Schreibstil
Bewertung am 29.07.2024
Bewertungsnummer: 2255831
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Ich dachte ja der Schreibstil wäre nichts für mich, aber je mehr ich las desto spannender wurde es. Geschrieben aus der Sicht eines Maesters... einfach großartig. Ich mag die Serien zu den Büchern. Es ist das erste Mal, dass ich zuerst eine Verfilmung und dann die Literatur dazu konsumiere. Leider. Hätte viel früher lesen sollen. Topp!
Das hier ist garantiert keine Staffel 8 von GoT sondern wirklich fantastisch.