Nora und Florent lieben sich so innig, dass sie in ihrem Herzen keinen Platz mehr übrighaben. Auch nicht für ihre erste Tochter. Das Mädchen muss schon früh allein zurechtkommen. Deshalb ist sie überglücklich, als ihre Schwester geboren wird. Die beiden geben sich, was die Eltern ihnen vorenthalten: Wärme und Geborgenheit. Als die Ältere beschließt, ihren eigenen Weg zu gehen, wird die Schwesternliebe auf die Probe gestellt.
Virtuos über die Existenz und das Fehlen von Liebe
ancla_books4life aus Schwerte am 22.12.2024
Bewertungsnummer: 2369656
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
**** Worum geht es? & Mein Eindruck ****
Schon fast poetisch starte ich in ein Buch voller Liebe. Die Liebe zweier Liebenden und die Liebe zwischen zwei Schwestern, die aufgrund der fehlenden Liebe der Eltern zu etwas ganz Besonderen heranwuchs. Die Darstellung und sprachliche Ausstaffierung ist etwas ganz besonderes und klingt auch noch lange nach dem Lesen nach. Nothomb hat auf magische Weise die Jetztzeit begriffen und eine neue Liebe aufgrund eines Mangels entstehen lassen. Nuanciert erleben wir, wie Tristane in jungen Jahren erwachsen wird. Ihr Mut und ihre Fähigkeiten imponierten mir und gleichzeitig machten mich die Umstände traurig. Laetitia wurde zu einem Anker und Tristane zu einem Vorbild. Die Autorin spielt hier mit Nähe und Distanz wie keine Zweite und übermittelt damit kraftvoll zeitgenössische Probleme, sowie die Kraft anderer Lieben und ihre Raumforderung im menschlichen Sein. Das Buch ist keine leichte Kost, auch wenn es sich locker leicht von der Hand liest. Grade durch die Kürze des Buches wird das Nachdenken angeregt. In den Zwischentönen lässt sich noch so viel mehr erleben, eine gewisse Dichte an Emotionen und nicht gesagten Worten, die man in der Schnelle beiseite legen kann oder aber auch ganz hinein tauchen, wenn man dazu bereit ist.
**** Empfehlung? ****
Dieses Buch ist ein emotionales und sprachliches Kunstwerk, das tief in die Psyche des Menschen und dem Bedürfnis nach Liebe eindringt. Provokant aufgeführt. Aufgrund des leichten Stils ist es eine angenehm bereichernde Erfahrung.
Spielarten der Liebe
mimitatis_buecherkiste aus Krefeld am 05.09.2024
Bewertungsnummer: 2284900
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Als Nora und Florent sich kennenlernen, schlägt Amor buchstäblich zu, die beiden werden unzertrennlich, brauchen niemanden außer sich. Als ihre Tochter Tristane auf die Welt kommt, wird diese zwar geliebt, aber nicht beachtet, lediglich versorgt. Ihr größter Wunsch ist ein Geschwisterchen, sodass ihre Eltern ihr eine Schwester schenken, bevor sie fünf Jahre alt ist. Tristane kümmert sich ab da um Laetitia, die Schwestern geben sich gegenseitig Wärme, Geborgenheit und Liebe. Diese Beziehung wird auf den Prüfstand gestellt, als Tristane nach Paris zieht, um zu studieren.
„So wurde Laetitia in die Fülle geboren, wohingegen Tristane sie mit viereinhalb erst kennenlernte. Laetitia wusste nicht, dass das Herz verhungern kann, Tristane konnte das nie vergessen. Gleichzeitig mit ihrer Liebe erwuchs eine Kluft zwischen ihnen: Laetitia würde nie Angst haben, nicht geliebt zu werden, Tristane für immer und ewig.“ (Seite 41)
Was für eine außergewöhnliche Geschichte über Familie, Freundschaft und vor allem die Liebe. Ein bisschen crazy, ein wenig ins phantasievolle rutschend, aber immer herzerwärmend, freundlich und klug. Die Beziehung der Schwestern zueinander, aber auch die zu ihrer Cousine sowie Tristanes Zuneigung zu deren Mutter, die ihre Tante war, war so besonders, dass es eine Freude war, dem beiwohnen zu dürfen. Viele schlaue Sätze gab es im Buch, kluge Worte und auch die ein oder andere gesellschaftliche Kritik. Ich hätte gerne mehr gelesen über die Schwestern, aber auch in der Kürze gab es Erlebnisse genug. Wunderbar!
Meinungen aus unserer Buchhandlung
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Gewohnt schrullig-schräge Figuren und eine rasante, scheinbar nonchalante Erzählweise können in Amélie Nothombs «Buch der Schwestern» jedoch nicht völlig über die bedrückende Stimmung hinwegtäuschen.
Nothomb schreibt als allwissende Erzählerin von Tristane und Laetitia, zwei Schwestern, die nur in der Liebe zueinander Halt finden, weil ihre Eltern ausschliesslich einander sehen. Tristane versteht schon mit zwei Wochen, dass sie ruhig zu sein hat, kann mit knapp drei Jahren lesen, bringt sich kurz darauf selbst das Schreiben bei und kümmert sich mit fünf Jahren selbstständig um ihre kleine, soeben geborene Schwester. Die wiederum wächst mit bedingungsloser Liebe auf und entfaltet sich entsprechend gegensätzlich zu Tristane.
Die Autorin arbeitet mit Übertreibungen und überzeichnet ihre Figuren. Was die Vernachlässigung vor allem mit Tristane macht und wie ihre Kindheit ihr Leben prägt bis sie Mitte 30 ist, war für mich trotz der vermeintlichen Leichtigkeit nicht leicht zu ertragen. Der Silberstreif für der blitzgescheiten Tristane, deren Wissen rhetorischer Stilmittel stellenweise eingestreut wird und das meine bei weitem übersteigt, sind Laetitia und zeitweise ihre Rolle als Bassistin in der von Laetitia mit elf Jahren gegründeten Rockband «Les Pneus».
Für mich ist «Das Buch der Schwestern» irgendwie schwierig zu greifen und wiederzugeben. Möglicherweise hätte ich es langsamer lesen und auf mich wirken lassen müssen. Mein Lieblingsbuch von Amélie Nothomb wird es jedoch leider nicht mehr werden.
Übersetzt von Brigitte Grosse.