Das Einzige, was Stephens Probleme lösen kann, ist Tanzen. Tanzen in der Kirche, wenn die schimmernden Schwarzen Hände zum Lobpreis erhoben werden. Tanzen mit seinen Freunden irgendwo in einem Keller, während der Bass wummert. Tanzen mit seiner besten Freundin Del, die ihn kennt wie niemand sonst, so eng, dass sich fast ihre Köpfe berühren. Stephen mag seinen Glauben verloren haben, aber er glaubt an den Rhythmus. Aber was passiert, wenn die Musik verklingt? Wie geht es mit ihnen allen weiter, nach ihrem Abschluss, wenn sich alles verändert? Was kann ihnen Halt geben ausserhalb ihrer kleinen Welt in Peckham, London, die ihnen vertraut ist? Als sein Vater so alt war wie Stephen, war er schon aus Ghana nach London gezogen. »Ich bin nicht in dieses Land gekommen, damit meine Kinder ihre Zeit verschwenden«, sagt er. Wie viel von der Geschichte seiner Eltern gehört zu Stephen? Kann er sich etwas aufbauen, das ihm allein gehört? Anhand von drei Sommern, in denen Stephen von London nach Ghana reist und wieder zurück, erzählt der gefeierte Autor Caleb Azumah Nelson von den Welten, die wir uns selbst erschaffen, den Welten, in denen wir leben, tanzen und lieben.
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Erneut ein Roman, dem meine Beschreibung kaum gerecht werden wird. Von daher schon hier eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die besondere, sprachlich herausragende Bücher und Musik schätzen.
Sommer 2010: Stephen ist 18 Jahre alt, das Schuljahr bald vorbei, die College-Bewerbungen sind abgeschickt, die Ferien stehen vor der Tür und die Zukunft ist weit offen. Alles scheint möglich.
Wir begleiten unseren zurückhaltenden, sensiblen, für die Musik, den Rhythmus, seine Familie und Gemeinschaft lebenden Ich-Erzähler durch diesen und die folgenden beiden Sommer, durch erste Liebe, Träume, Realitäten, Verluste, Erkenntnisse und auf der Suche nach seinem Weg. Steter Begleiter: der ihn umgebende Klangteppich. Ob zufällige Alltagsgeräusche oder selbst aufgelegte Musik, Musik auf Partys, beim Abendessen oder die Klänge seiner Trompete bei Jamsessions, Musik aus allen Jahrzehnten, aus Ghana, Nigeria, den USA und Grossbritannien. Stephen findet, uns mit Sprache auszudrücken, kann immer fehlinterpretiert werden. Ganz anders verhält es sich mit Musik.
Im Widerspruch zu dieser oft vorgetragenen Aussage steht, wie gekonnt Caleb Azumah Nelson mit Sprache umgeht (– was wiederum mit ebensolchem Feingefühl übersetzt wurde von Nicolai von Schweder-Schreiner). Mit Nuancen, mit Wiederholungen und wie er sie abwandelt, auf wie viele Weisen er sprachlich Stimmungen transportiert und wie er Stephens Realität erlebbar macht. Die eines jungen Schwarzen Mannes, geboren und aufgewachsen in Peckham, London, als Sohn ghanaischer Eltern, der beständig auf der Suche ist nach Raum. Raum zum Leben, Raum, sich selbst zu entfalten, Raum, in dem er sicher ist. Wir erleben ihn im Makrokosmos einer weissen Mehrheitsgesellschaft und im Mikrokosmos seiner Familie und Nachbarn, sehen, wie er sich aufreibt zwischen den verschiedenen Erwartungen, seinen eigenen Sehnsüchten und Ängsten.
«Da Tanzen wohl das Einzige ist, was die meisten unserer Probleme lösen kann, ist es nur logisch, dass…» Mit diesem markanten Satz beginnt dieser eindringliche, sanft schillernde, ehrliche, sprachlich brillante Roman, dessen Sinnlichkeit mich ebenfalls begeisterte: neben den Geräuschen werden auch die Gerüche und Textur ghanaischer Gerichte beschrieben, die Empfindungen beim Tanzen und so vieles mehr.
«Vielleicht ist das manchmal alles, was wir brauchen, dass jemand anderes an die Möglichkeiten glaubt, die man für sich selbst sieht.»