Etwas stürzt ein. Der Boden zittert. Aus einem dumpfen Poltern werden ein Dröhnen und Krachen, ein Rumpeln und Knallen. Dann: Stille. Nach einem Felssturz an einem strahlenden Julimorgen ist ein kleines Wandergebiet abgeschnitten von der Welt. Während immer mehr Gestein in die Tiefe donnert, wird eine einfache Gastwirtschaft in einer abgelegenen Berghütte zum Zufluchtsort für die unterschiedlichsten Menschen. Für zwei Tage und zwei Nächte sind sie hier auf engstem Raum eingeschlossen, ein Abstieg ins Dorf unmöglich: Der Weg ist weg. Der grüne Aktivist Erwin legt sich mit dem Klimawandelleugner Wolf an, der Wirt Sepp geht auf den jungen Juri los. Arne liebt heimlich und hoffnungslos Lara, die Freundin seines Freundes Wolf, und Amai, mit Erwin liiert, lässt sich auf Sex mit Sepp ein. Wie die Felsen bröckeln auch die Fassaden der Eingeschlossenen. Die Enge, die langen Nächte auf dem harten Boden, Schlaflosigkeit und Angst kehren das Innerste nach aussen. Als der rettende Hubschrauber naht, ist von den zehn Menschen einer schwer verletzt, einer verschwunden, einer tot.
Bewertung (Mitglied der Book Circle Community) am 11.11.2023
Bewertungsnummer: 2066158
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Aktuelle Thematik: der Permafrost schmilzt und in Berggebieten kommt es zu Felsstürzen. So endet auch der Wandertag von diversen Ausflüglern, die allesamt in einer halb-verschütteten Berghütte zusammenkommen und dort um ihr Leben kämpfen. Der Roman ist geprägt von vielen sehr ausdrucksstarken Persönlichkeiten, die stark polarisieren. Das macht es schwierig, sich mit ihnen zu identifizieren. Positiv zu erwähnen ist der wortreiche Schreibstil der Autorin.
Meinungen aus unserer Buchhandlung
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Elf Seelen sitzen nach einem gewaltigen Bergrutsch 2018 fest in einer dem Untergang geweihten Berghütte. Beengte Endzeitstimmung und Porträt einer Zweckgemeinschaft im Ausnahmezustand bietet Angelika Waldis "Berghau".
Sie bringt ganz unterschiedliche Personen zusammen: Studierte, Nicht-Studierte, Jüngere und nicht mehr ganz so junge, Freunde und Unbekannte, Frauen und Männer, Schweizer, Deutsche und Japanerinnen, Rechte und Grüne, Verletzte und Gesunde. Konflikte sind unvermeidbar, Koalitionen wechseln, Situationen eskalieren. Am Ende ist eine*r tot, eine*r verschwunden und eine*r verletzt.
Waldis, als allwissende Erzählerin in der dritten Person, wechselt beständig die Perspektive. Das erfordert Konzentration beim Lesen, gelegentlich musste ich überlegen, wer erzählt und wer die Figur noch gleich war. Ausserdem blieb für mich immer eine Distanz zu den Figuren bestehen. Die Stimmung ist bedrückend, Hoffnung gibt es wenig. Grund für die Katastrophe ist Permafrost. Im Dorf unten war schon länger bekannt, dass es dazu kommen könnte. Waldis verleiht ihrem Roman damit auch eine dezent politische Note.
Zwei Nächte lang begleiten wir die Gruppe auf dem Berg. Darauf folgt ein kurzes zweites Kapitel, das am Jahrestag des Unglücks spielt und drei Figuren zurück in die Berge führt.
Waldis wirft ihre Figuren und uns zurück auf die Frage, was wir vom Leben erwarten und wollen und was im Leben wirklich wichtig ist. Bei ihr hat vor allem die Freundschaft bestand.
Eine dunkle, spannende, bedrückende Lektüre. Fans von "Tanners Erde" (Lukas Maisel) könnten hieran ebenfalls ihre Freude haben.