Fast wie ein Bruder

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Roman

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Beschreibung

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Verkaufsrang

1454

Format

ePUB 3

Kopierschutz

Nein

Family Sharing

Ja

Text-to-Speech

Ja

Erscheinungsdatum

15.08.2024

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Verkaufsrang

1454

Erscheinungsdatum

15.08.2024

Verlag

Kiepenheuer & Witsch

Seitenzahl

192 (Printausgabe)

Dateigröße

2666 KB

Sprache

Deutsch

EAN

9783462312713

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Kunst überwindet die Vergänglichkeit

drawe aus Landau am 02.10.2024

Bewertungsnummer: 2306683

Bewertet: eBook (ePUB 3)

Ein Mann - Kameramann, 65 Jahre alt und wohnt mit seiner Frau in Südfrankreich - erinnert sich an seine Jugend. Zwei Familien ziehen gleichzeitig in ein Bochumer Mietshaus ein, die Eltern freunden sich an, und die beiden gleichaltrigen Söhne, Frank und der Erzähler, werden unzertrennlich. Die Beziehung wird enger durch den fast gleichzeitigen Krebstod der beiden Mütter. In der Pubertät der Jungen lockert sich die Freundschaft, als Frank von einer Ausstellung Sigmar Polkes derart fasziniert ist, dass er Künstler werden und damit einen Lebensweg einschlagen will, der dem eher pragmatischen Ich-Erzähler völlig fremd ist. Die Beziehung lockert sich weiter, als Frank ein erzwungenes Coming-out als homosexuell erleiden muss, und dass auch noch mit einem jungen Roma. Eine beklemmende Szene, die die ganzen Vorurteile und Verklemmungen der 70er Jahre deutlich macht. Noch viele Jahre später, in der Jetzt-Zeit, erinnert sich der Erzähler an den massiven sozialen Druck und die Ausgrenzung, dem ab nun Frank und sein Vater ausgesetzt sind. „Frank war der Stoff, an dem man seine schmutzigen Vorstellungen abwischen konnte“. All das führt schließlich zum Verlassen der Stadt. Franks Werke werden nach seinem Tod von seinem Jugendfreund eingelagert und nicht beachtet, Frank selber wird vergessen – bis eines Tages in Berlin eine gefeierte Ausstellung mit den Werken des genialen Künstlers „f“ seinen Freund aufrüttelt. Er ist verwirrt. Wie kommen die eingelagerten Werke nach Berlin? Die Frage bleibt offen, der Autor lässt sich nicht ins Krimi-Genre hineinzwingen. Ihm geht es nicht um den Diebstahl und die Entdeckung des Diebes. Ihm geht es um andere, eher existenzielle Fragen, wie um die Vergänglichkeit, die die beiden „Brüder“ schon früh erleben müssen. Dem Ich-Erzähler bleibt die Homosexualität seines Freundes fremd, und auch dessen Kunst steht er fremd und ignorant gegenüber. Aber diese Kunstwerke sind es, die ihm den Jugendfreund wieder nahebringen, und er erkennt schmerzlich seine eigene Begrenztheit. Was kann Kunst? Sie kann die Vergänglichkeit überwinden, antwortet Sulzer, und so lässt er seinen Protagonisten auch die Bilder seines Jugendfreundes erleben: „Die Jahre, die seit der Entstehung dieser Bilder vergangen waren, hatten keine Spuren hinterlassen. Sie bezeugten ... die Gegenwart nicht weniger als die Vergangenheit.“ Nicht nur die Malerei überwindet die Zeit, sondern auch die Sprache: und genau das leisten diese Erinnerungen. Sulzer erzählt diese Geschichte in seiner gewohnt unaufgeregten Sprache, wortsicher, klug, wohl überlegt und konzentriert, kein Wort zu viel und keines zu wenig. Gerade die Sparsamkeit seiner Sprache erschüttert den Leser, wenn er z. B. vom Sterben der vielen jungen Männer erzählt. Ein gedankenreicher Roman, der aber merkwürdig abrupt endet.

Kunst überwindet die Vergänglichkeit

drawe aus Landau am 02.10.2024
Bewertungsnummer: 2306683
Bewertet: eBook (ePUB 3)

Ein Mann - Kameramann, 65 Jahre alt und wohnt mit seiner Frau in Südfrankreich - erinnert sich an seine Jugend. Zwei Familien ziehen gleichzeitig in ein Bochumer Mietshaus ein, die Eltern freunden sich an, und die beiden gleichaltrigen Söhne, Frank und der Erzähler, werden unzertrennlich. Die Beziehung wird enger durch den fast gleichzeitigen Krebstod der beiden Mütter. In der Pubertät der Jungen lockert sich die Freundschaft, als Frank von einer Ausstellung Sigmar Polkes derart fasziniert ist, dass er Künstler werden und damit einen Lebensweg einschlagen will, der dem eher pragmatischen Ich-Erzähler völlig fremd ist. Die Beziehung lockert sich weiter, als Frank ein erzwungenes Coming-out als homosexuell erleiden muss, und dass auch noch mit einem jungen Roma. Eine beklemmende Szene, die die ganzen Vorurteile und Verklemmungen der 70er Jahre deutlich macht. Noch viele Jahre später, in der Jetzt-Zeit, erinnert sich der Erzähler an den massiven sozialen Druck und die Ausgrenzung, dem ab nun Frank und sein Vater ausgesetzt sind. „Frank war der Stoff, an dem man seine schmutzigen Vorstellungen abwischen konnte“. All das führt schließlich zum Verlassen der Stadt. Franks Werke werden nach seinem Tod von seinem Jugendfreund eingelagert und nicht beachtet, Frank selber wird vergessen – bis eines Tages in Berlin eine gefeierte Ausstellung mit den Werken des genialen Künstlers „f“ seinen Freund aufrüttelt. Er ist verwirrt. Wie kommen die eingelagerten Werke nach Berlin? Die Frage bleibt offen, der Autor lässt sich nicht ins Krimi-Genre hineinzwingen. Ihm geht es nicht um den Diebstahl und die Entdeckung des Diebes. Ihm geht es um andere, eher existenzielle Fragen, wie um die Vergänglichkeit, die die beiden „Brüder“ schon früh erleben müssen. Dem Ich-Erzähler bleibt die Homosexualität seines Freundes fremd, und auch dessen Kunst steht er fremd und ignorant gegenüber. Aber diese Kunstwerke sind es, die ihm den Jugendfreund wieder nahebringen, und er erkennt schmerzlich seine eigene Begrenztheit. Was kann Kunst? Sie kann die Vergänglichkeit überwinden, antwortet Sulzer, und so lässt er seinen Protagonisten auch die Bilder seines Jugendfreundes erleben: „Die Jahre, die seit der Entstehung dieser Bilder vergangen waren, hatten keine Spuren hinterlassen. Sie bezeugten ... die Gegenwart nicht weniger als die Vergangenheit.“ Nicht nur die Malerei überwindet die Zeit, sondern auch die Sprache: und genau das leisten diese Erinnerungen. Sulzer erzählt diese Geschichte in seiner gewohnt unaufgeregten Sprache, wortsicher, klug, wohl überlegt und konzentriert, kein Wort zu viel und keines zu wenig. Gerade die Sparsamkeit seiner Sprache erschüttert den Leser, wenn er z. B. vom Sterben der vielen jungen Männer erzählt. Ein gedankenreicher Roman, der aber merkwürdig abrupt endet.

Vielfältiger Künstlerroman mit gesellschaftskritischer Note

Christian1977 aus Leipzig am 09.09.2024

Bewertungsnummer: 2288243

Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Im Bochum der 1960er- und 1970er-Jahre wachsen Frank und der namenlose Ich-Erzähler fast wie Brüder zusammen auf. Beide sind sogar am selben Tag mit ihren Familien in die direkt nebeneinander liegenden Wohnungen eingezogen. Doch als Franks Interesse an der Kunst wächst und er homosexuelle Gefühle für den Nachbarsjungen Matteo verspürt, scheinen sich die Freunde unterschiedlich zu entwickeln. Erst als Frank mit AIDS im Sterbebett liegt, finden sie wieder zueinander. Und auch Franks Gemälde wecken lange Zeit nach dessen Tod plötzlich das Interesse des Ich-Erzählers. Denn stellt der nackte Jüngling auf einem Bild von Frank nicht ihn selbst da? „Fast wie ein Bruder“ ist der neue Roman von Alain Claude Sulzer, der bei Galiani erschienen ist. In der Schweiz sorgte das Buch schon lange vor seinem Erscheinen für einen literarischen Skandal, weil Sulzer darin mehrfach das Wort „Zigeuner“ verwendet, was beim Basler Fachausschuss Literatur nicht gern gesehen war und geändert werden sollte. Sulzer nahm daraufhin unter Zensurvorwürfen den Förderungsantrag zurück. Viel Lärm um wenig, denn Sulzers Verwendung des „Z-Wortes“ entspricht dem Sprachduktus des Ich-Erzählers und muss im Kontext der Handlungszeit gelesen werden. Gelesen werden sollte in jedem Fall auch „Fast wie ein Bruder“, denn Sulzer gelingt es, auf gerade einmal 180 Seiten so viele Themen unterzubringen, wie es andere Autor:innen in drei bis vier Büchern schaffen. Da ist der Coming-of-Age-Roman inklusive des erzwungenen homosexuellen Coming-Outs Franks. Da ist der Gesellschaftsroman, der sich intensiv mit dem Entstehen von AIDS und den gesellschaftlichen (und körperlichen) Auswirkungen der Krankheit beschäftigt. Da ist die Geschichte von Frank als erfolglosem Maler, ein charmanter Künstlerroman, der im letzten Teil gar zu einer Art Kriminalroman wird, als der Nachlass von Frank aus der Scheune des Ich-Erzählers verschwindet. Und zu guter Letzt mag sogar ein Hauch von Mystery durch ein Berliner Museum wehen, ohne zu viel darüber verraten zu wollen. Ungemein vielschichtig also und dazu sprachlich elegant. Am besten gelingt Sulzer dabei die Künstlerthematik. Die Begeisterung Franks für die Kunst ist von Beginn an zu spüren, während sich der in vielen Dingen recht ignorante Ich-Erzähler zwar bemüht, aber nie einen Zugang zu ihr findet. Dieses Trennende bestimmt mit zunehmender Dauer den Roman, selbst den Nachlass – die zahlreichen Bilder, die der Protagonist nach Franks Tod erhält – schaut dieser nicht ein einziges Mal an. Etwas schwülstig hingegen wirkt es, wenn Sulzer die Annäherung von Frank und dem Roma-Jungen Matteo beschreibt. Dies ist allerdings leicht zu verzeihen, denn in der Folge merkt man das wohlgemeinte und eindrücklich geschilderte Verständnis des Autors für die aufkommende Bewegung der Homosexuellen und die empathische Auseinandersetzung mit AIDS als gesellschaftlichem Stigma. Bedauerlich ist eher, dass über weite Strecken der Kindheit und Jugend die Nähe zwischen der Hauptfigur und Frank nur behauptet wird, die „fast brüderliche“ Freundschaft also gar nicht so auserzählt wird, wie man es sich bei diesem Titel erhofft hatte. Ein kleiner Wermutstropfen eines ansonsten eindrücklich vielfältigen Romans, der trotz weniger Seiten so viel zu erzählen hat. Für Sulzer-Fans hat der Autor als kleines Gimmick übrigens noch den ganz besonderen Auftritt eines vorherigen Roman-Protagonisten eingebaut, den es zu entdecken gilt.

Vielfältiger Künstlerroman mit gesellschaftskritischer Note

Christian1977 aus Leipzig am 09.09.2024
Bewertungsnummer: 2288243
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

Im Bochum der 1960er- und 1970er-Jahre wachsen Frank und der namenlose Ich-Erzähler fast wie Brüder zusammen auf. Beide sind sogar am selben Tag mit ihren Familien in die direkt nebeneinander liegenden Wohnungen eingezogen. Doch als Franks Interesse an der Kunst wächst und er homosexuelle Gefühle für den Nachbarsjungen Matteo verspürt, scheinen sich die Freunde unterschiedlich zu entwickeln. Erst als Frank mit AIDS im Sterbebett liegt, finden sie wieder zueinander. Und auch Franks Gemälde wecken lange Zeit nach dessen Tod plötzlich das Interesse des Ich-Erzählers. Denn stellt der nackte Jüngling auf einem Bild von Frank nicht ihn selbst da? „Fast wie ein Bruder“ ist der neue Roman von Alain Claude Sulzer, der bei Galiani erschienen ist. In der Schweiz sorgte das Buch schon lange vor seinem Erscheinen für einen literarischen Skandal, weil Sulzer darin mehrfach das Wort „Zigeuner“ verwendet, was beim Basler Fachausschuss Literatur nicht gern gesehen war und geändert werden sollte. Sulzer nahm daraufhin unter Zensurvorwürfen den Förderungsantrag zurück. Viel Lärm um wenig, denn Sulzers Verwendung des „Z-Wortes“ entspricht dem Sprachduktus des Ich-Erzählers und muss im Kontext der Handlungszeit gelesen werden. Gelesen werden sollte in jedem Fall auch „Fast wie ein Bruder“, denn Sulzer gelingt es, auf gerade einmal 180 Seiten so viele Themen unterzubringen, wie es andere Autor:innen in drei bis vier Büchern schaffen. Da ist der Coming-of-Age-Roman inklusive des erzwungenen homosexuellen Coming-Outs Franks. Da ist der Gesellschaftsroman, der sich intensiv mit dem Entstehen von AIDS und den gesellschaftlichen (und körperlichen) Auswirkungen der Krankheit beschäftigt. Da ist die Geschichte von Frank als erfolglosem Maler, ein charmanter Künstlerroman, der im letzten Teil gar zu einer Art Kriminalroman wird, als der Nachlass von Frank aus der Scheune des Ich-Erzählers verschwindet. Und zu guter Letzt mag sogar ein Hauch von Mystery durch ein Berliner Museum wehen, ohne zu viel darüber verraten zu wollen. Ungemein vielschichtig also und dazu sprachlich elegant. Am besten gelingt Sulzer dabei die Künstlerthematik. Die Begeisterung Franks für die Kunst ist von Beginn an zu spüren, während sich der in vielen Dingen recht ignorante Ich-Erzähler zwar bemüht, aber nie einen Zugang zu ihr findet. Dieses Trennende bestimmt mit zunehmender Dauer den Roman, selbst den Nachlass – die zahlreichen Bilder, die der Protagonist nach Franks Tod erhält – schaut dieser nicht ein einziges Mal an. Etwas schwülstig hingegen wirkt es, wenn Sulzer die Annäherung von Frank und dem Roma-Jungen Matteo beschreibt. Dies ist allerdings leicht zu verzeihen, denn in der Folge merkt man das wohlgemeinte und eindrücklich geschilderte Verständnis des Autors für die aufkommende Bewegung der Homosexuellen und die empathische Auseinandersetzung mit AIDS als gesellschaftlichem Stigma. Bedauerlich ist eher, dass über weite Strecken der Kindheit und Jugend die Nähe zwischen der Hauptfigur und Frank nur behauptet wird, die „fast brüderliche“ Freundschaft also gar nicht so auserzählt wird, wie man es sich bei diesem Titel erhofft hatte. Ein kleiner Wermutstropfen eines ansonsten eindrücklich vielfältigen Romans, der trotz weniger Seiten so viel zu erzählen hat. Für Sulzer-Fans hat der Autor als kleines Gimmick übrigens noch den ganz besonderen Auftritt eines vorherigen Roman-Protagonisten eingebaut, den es zu entdecken gilt.

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Fast wie ein Bruder

von Alain Claude Sulzer

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