Zwei mitreissende Liebespaare und die Gründungsgeschichte eines berühmten Hamburger Hotels
Nienstedten bei Hamburg 1790: Tradition trifft auf Revolution, Liebe auf Vernunft. Ein Unglück nimmt Maria Burmester den Ehemann und ihren Kindern den Vater. Trotz der ererbten Schulden möchte sie die Konditorei am Hochufer der Elbe behalten, doch ein Konkurrent bedrängt sie und schreckt dabei nicht vor Erpressung und Tätlichkeiten zurück. Da bietet ihr der reiche Kaufmann Joachim Graaf einen Kredit an, wenn sie ein Fest für seine Angebetete ausrichtet. Mit Hilfe seines Bekannten Daniel Louis Jacques stürzt Maria sich in die Arbeit. Diese Begegnung verändert Marias Leben für immer – und auch das Schicksal ihres Hauses. Aus ihrem Geschäft wird erst ein französisches Restaurant und schliesslich das Hotel Louis C. Jacob.
„Man sagt, dass die Linde als Baum anstelle von Blättern Tausende kleine Herzen an ihren Ästen trägt.“ (S. 89)
Nienstedten 1790: Maria Burmester ist Anfang 30 und Mutter von 4 Kindern, als ihr Mann bei einem Unfall stirbt. Er hinterlässt ihr eine gutgehende Konditorei inkl. Ausflugslokal vor den Toren Hamburgs und Schulden, da er sich lieber mit seinem Zuckerwerk als der Buchführung beschäftigt hat. Schon bei der Beerdigung bekommt sie erste Angebote für ihren Hof, will ihn aber unbedingt für ihre Kinder erhalten. Als ihr ältester Sohn in der Schule Probleme macht, lernt sie Emilia von Wedekind kennen, die Mutter eines Mitschülers. Obwohl sich die Frauen bei der ersten Begegnung nicht ausstehen können, werden ihre Schicksale bald fast untrennbar miteinander verbunden. Denn der Kaufmann Joachim Graaf will Emilia, seine Jugendliebe, zurückgewinnen und mietet dafür die Elbterrasse von Marias Lokal, die sein französischer Kunstgärtner Daniel Louis Jacques dann in die Lindenterrasse verwandelt …
Micaela Jary verbindet in ihrem Roman „Die Lindenterrasse“ die reale Geschichte des späteren ersten französischen Restaurants und schließlich Hotels Louis C. Jacob und seiner Begründer mit der fiktiven Geschichte von Emilia von Wedekind und Joachim Graaf, für die es ebenfalls historische Vorbilder gibt. Ich muss zugeben, dass mich die Schicksale der beiden Frauen etwas mehr gefesselt haben, als die des Hotels.
„Seit ich Witwe bin, fürchte ich mich vor so vielen Dingen wie nie zuvor in meinem Leben.“ (S. 355) Maria ist mit ihrer Situation als Witwe überfordert. Sie traut sich nicht, das Geschäft allein weiterzuführen und hat nicht genügend Geld für ausreichend Angestellte. Außerdem macht ihr ein schmieriger Hotelier eindeutige Angebote – er will ihren Hof um jeden Preis, gern auch mit ihr als Ehefrau. Dafür zerstört er systematisch ihren moralisch und geschäftlich integren Ruf. Dabei schlägt ihr Herz insgeheim längst für Daniel Louis Jacques, der sie nicht nur mit seinem botanischen Wissen, sondern auch der französischen Lebensart und Fürsorglichkeit bezaubert. Allerdings ist er deutlich jünger als sie, darum traut sie seinen Liebesbekundungen nicht.
Emilia ist seit vielen Jahren mit einem Militärarzt verheiratet. Sie sind die ganze Zeit von einer Dienststelle zur nächsten gezogen, aber jetzt haben sie über Emilias Bruder ein Haus in ihrer Heimatstadt Hamburg gekauft und sie kommt endlich zur Ruhe. Es war damals keine Liebesheirat, aber man hat sich arrangiert. Darum verwundert es sie auch, dass er sie plötzlich vor ihrer Familie und der Öffentlichkeit brüskiert, ihren Sohn auf eine entfernte Militärakademie schickt und ihr einredet, dass er ihre plötzliche Hysterie mit Aderlässen und Hausarrest behandeln muss.
Obwohl die beiden Frauen so unterschiedlich sind und in verschiedenen Welten leben, sind sie doch im gleichen Korsett aus Konventionen und Regeln gefangen. Maria hat sich für das Trauerjahr zurückzuziehen und höchstens in der Kirche sehen zu lassen, bis sie sich wiederverheiratet und das Geschäft, den Hof und die Verantwortung (und am besten auch gleich noch ihren Verstand und Körper) an ihren nächsten Mann übergibt. Dass sie mit Graaf und Jaques plötzlich „Männerbesuch“ empfängt, ist ein Skandal.
Emilia macht Graaf mehrfach klar, dass sie an ihrer Ehe festhält, trotzdem scheint ihr Mann Wind davon bekommen zu haben. Plötzlich reglementiert und kontrolliert er sie, obwohl er selbst fast immer auf Dienstreise ist. Wenn ich mir vorstelle, dass mir mein Mann Hausarrest verordnen könnte, ganz zu schweigen davon, was ihr Mann ihr noch so antut, läuft es mir kalt den Rücken hinunter.
Micaela Jary erzählt Marias und Emilias Schicksal sehr gefühlvoll, auch wenn ich Marias Wankelmütigkeit bzgl. Jacques nicht immer nachvollziehen konnte. Trotzdem haben mich die Schilderungen sehr berührt und mitfiebern lassen.
Auch die Elb- bzw. Lindenterrasse wird sehr anschaulich und detailreich beschrieben und man bekommt ein gutes Bild von den historischen Zusammenhängen und Vorgängen, die zu ihrer Entstehung geführt haben.
tolle historische Geschichte
Renate aus Tulln an der Donau am 04.09.2024
Bewertungsnummer: 2284304
Bewertet: eBook (ePUB 3)
Wir sind im Jahr 1790 / Nienstedten bei Hamburg / Ein schrecklicher Unfall macht Maria Burmester zur Witwe. Neben dem Erbe warten leider auch eine Menge Schulden auf die junge Frau, die den Kampf aber aufnehmen möchte und alles versucht um das Zuhause ihrer Kinder behalten zu können. In der Schule ihres Sohnes trifft Maria auf Emilia von Wedekind und so nimmt das Schicksal seinen Lauf ...
Maria habe ich als sehr taffe und starke Frau empfunden. Von heute auf morgen alleine mit 5 Kindern dazustehen ist natürlich ein enormer Schock. Doch gerade deshalb versucht sie alles um die Konditorei und ihr Haus behalten zu können. Bei der einen oder anderen Entscheidung konnte ich Maria aber nicht ganz verstehen, aber sonst war sie mehr sehr sympathisch und es war spannend ihren Weg zu begleiten.
Bei Emilia habe ich eine Zeit gebraucht um mit ihr warm zu werden, doch je mehr man über sie erfahren hat, konnte man diese Frau zu gut verstehen. Sie war einfach bewundernswert wie sie ihr Leben meisterte mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln.
Für mich hätte man ruhig noch etwas mehr über die Konditorei erfahren können. Ich fand es sehr interessant, welche Werke und Gebäcke zu der damaligen Zeit gerade in Mode und gefragt waren. Besonders die Kreationen für Weihnachten hörten sich herrlich an.
Besonders schön waren die Beschreibungen des Dorfes und der Stadt und der Natur allgemein. So hatte man alles bildlich vor Augen und konnte Maria noch besser auf ihren Spaziergängen begleiten.
Der Schreibstil der Autorin war wie gewohnt flüssig und leicht. Die Kapitel hatten eine sehr gute Länge und ich habe das Buch sehr rasch gelesen. Die Geschichte war gepackt mit Emotionen, Freud und Leid, Intrigen und voller Spannung.
Der Autorin ist wieder eine wunderschöne Geschichte gelungen. Ich hatte eine schöne Lesezeit.