Alma erforscht am Zentrum für Biodiversität in Arpiet, einem Ort in den Pyrenäen, das Verhalten der hier wieder angesiedelten Bären; sie will herausfinden, wie ein Zusammenleben zwischen den Wildtieren und dem Menschen besser funktionieren kann. Nach vielen Jahren in Spanien und Alaska und einer schmerzhaften Trennung hat sie hier einen Neuanfang gewagt.
Gaspard ist nach einem Studium in Paris in die heimatlichen Berge zurückgekehrt und zieht nun jeden Sommer mit seinen Schafen auf die Hochalm. Die Angriffe einer Bärin auf seine Tiere wecken in Gaspard jedoch traumatische Erinnerungen an den Tod seiner jungen Kollegin im Vorjahr, dessen Umstände noch immer nicht geklärt sind.
Und die anderen Schäfer der Gegend fürchten mehr und mehr um ihre Herden. Urängste werden wach, in diesem Tal, in dem die Bärendressur einst Tradition war und junge Männer Bärenbabys aus ihrer Höhle stahlen, um sie abzurichten und damit ihr Glück zu suchen.
Almas Arbeit gerät immer mehr in die Kritik, sie erhält Drohungen, selbst ihre Kollegen stehen nicht mehr hinter ihr. Als plötzlich Schüsse fallen, droht die Situation ausser Kontrolle zu geraten...
Erinnerst du dich noch an noch an den „Problembär Bruno“? Der Braunbär hielt sich ängere Zeit im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet auf, riss einige Nutztiere und legte ein Verhalten an den Tag, das als problematisch bewertet wurde. Nach gescheiterten Fangversuchen wurde das Tier zum Abschuss freigegeben und schließlich von einem anonym beauftragten Sicherheitsteam erschossen.
Im Vorfeld und im Nachgang gab es immense Diskussionen in der Politik, der Presse und der Öffentlichkeit über Tier- und Artenschutz, Zuständigkeiten und Verhältnismäßigkeiten.
Die damals sehr hitzig geführten Diskussionen und Standpunkte findest „Im Tal der Bärin“ wieder, das allerdings nicht in den Alpen, sondern in den Pyrenäen spielt.
Dort wurden gezielt Bären wieder angesiedelt, die jetzt mit den Bergbewohner*innen um den Lebensraum konkurrieren.
In Arnauds Roman stehen zwei Protagonist*innen im Mittelpunkt, die zumindest auf den ersten Blick, den zwei unterschiedlichen Lagern anzugehören scheinen.
Der Schäfer Gaspard ist nach einem tragischen Vorfall mit einem Bären, bei dem eine junge Kollegin ums Leben kam immer noch stark erschüttert, hat sich aber für einen weiteren Sommer auf der Hochalm entschieden. Dort hütet er auf Lohnbasis die Herden von mehreren Schafzüchtern.
Alma ist Ethologin und erforscht im Zentrum für Biodiversität das Verhalten der wieder angesiedelten Bären und untersucht, wie ein Zusammenleben zwischen Wildtieren und Menschen besser funktionieren kann. Dabei stößt sie auf das Unverständnis und den Widerstand der lokalen Bevölkerung, allen voran dem der Schafsbesitzer, die um ihr Vieh fürchten.
Auf einer anderen Zeitebene erzählt Arnaud die Geschichte eines Bärendresseurs, der im 19. Jahrhundert ein Bärenjunges großzieht. Mit der erwachsenen Bärin wandert er nach Amerika aus und erfüllt sich seinen Traum von einem erfolgreichen Leben.
Der erste Roman, der von Clara Arnaud ins Deutsche übersetzt wurde, ist ein wahrer Pageturner und ein toller Bergroman. Durch die genaue Betrachtung der Wechselwirkung von Tier; Natur und Mensch ist „Im Tal der Bärin, wie ich finde, auch ein bemerkenswertes Beispiel für spannendes Nature Writing. Arnaud verbindet die persönlichen Geschichten ihrer Figuren mit der literarischen Umsetzung von ökologischen, historischen und philosophischen Themen.
“Alles hier war ein ständiges Werden und Vergehen, war Verwesung und Aufblühen, Freude und Schmerz.”
Auch wenn ich den Roman sehr gern gelesen habe, gibt es einen Wermutstropfen, der mir die Lektüre etwas verleidet. Es ist die doch recht häufige Verwendung eines Begriffs, den die damit gemeinten Volksgruppen der Sinti und Roma, sowie der Jenischen und andere Volksgruppen mehrheitlich ablehnen und der als stigmatisierend und veraltet gilt. Diese unbedarfte Verwendung ist mir schon bei „Der Menschensohn“, ebenfalls von einem französischen Autoren geschrieben, aufgefallen. Eine kurze Recherche ergibt, dass der Begriff tatsächlich in Frankreich, anders als in Deutschland, noch nicht weitestgehend tabuisiert ist, sondern sich der sensible Umgang erst allmählich entwickelt.
Für mich allerdings war das wiederholte Lesen des Begriffs ein wirklich störendes Element in einer eigentlich schönen Lektüre.
Falls dich das nicht stört, kann ich dir „Im Tal der Bärin“ auf jeden Fall empfehlen und es erinnerte mich sehr an „Wo die Wölfe sind“ von Charlotte McConaghy. Allerdings ist Arnauds Roman wesentlich weniger hollywoodreif, sondern schildert vor dem Hintergrund einer realistischen Handlung die Bergwelt und die Geschichten der Figuren.
Eine zum Teil gelungene Darstellung über die Rückkehr der Bären
Bewertung am 07.03.2025
Bewertungsnummer: 2431402
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Dr. Alma Robinson erforscht am Zentrum für Biodiversität in Arpiet, einem Ort in den Pyrenäen, das Verhalten der hier wieder angesiedelten Bären; sie hat ein Pilotprojekt initiiert, um das Wissen über die Bären auf andere Art und Weise zu erweitern und Lösungsansätze für das Zusammenleben zwischen dem Wildtier und den Menschen hier zu finden.
Gaspard ist nach einem Studium in Paris in die heimatlichen Berge zurückgekehrt und zieht nun den bereits 5. Sommer mit den ihm anvertrauten Schafen auf die Hochalm. Die Angriffe einer Bärin auf seine Tiere wecken in Gaspard jedoch traumatische Erinnerungen.
Urängste werden wach, in diesem Tal, in dem die Bärendressur einst Tradition war und junge Männer Bärenbabys aus ihrer Höhle stahlen, um sie abzurichten und damit ihr Glück zu suchen. So einer war Jules Piquemal, der Tanzbärenführer, der Aufbrach, die Welt mit seiner Bärin zu erobern.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Den Roman „Im Tal der Bärin“ kann man in drei Makrogeschichten unterteilen, denn jeder Handlungsstrang hat seine Hauptfigur, und ihr widmet die Autorin ihre ganze Aufmerksamkeit. Miteinander verbunden, mal besser mal weniger gut, sind die drei Geschichten durch die Präsenz der Bärinnen, die jedes Mal einen Teil der Story dominieren.
Ich wollte den Roman unbedingt lesen, weil mich die Rückkehr der Bären in den Bergregionen Europas, im vorliegenden Buch handelt die Geschichte in den Pyrenäen, sehr beschäftigt. Auch in Südtirol ist Meister Petz zurück und der aktuelle Konflikt in den Bergregionen, der in dem Buch eingefangen wird, ist auch auf meine Heimat übertragbar. Nach der Lektüre kann ich sagen, dass es Clara Arnaud gelungen ist, meine Sichtweise etwas zu ändern. Sie bringt ein Gespür für das Zusammenspiel von Fauna und Flora, das durch die Wiederansiedlung des Bären zu Spannungen führt, besonders für die Hirten, gut rüber.
Ohne schlussendlich zu richten, werden die verschiedenen Gesichtspunkte der Rückkehr des Bären beleuchtet, und der Bär in seiner majestätischen Erscheinung nähergebracht. Seine Präsenz hat meine Unbekümmertheit, mich frei und sorgenlos in der heimischen Bergwelt zu bewegen, beeinträchtigt, dennoch respektiere ich das Raubtier nun mehr, bin nicht mehr so voreingenommen, vorausgesetzt, dass die Kontrolle funktioniert und das Zusammenleben im gegenseitigen Respekt geregelt wird.
Doch es ist nicht nur der Bär, der das Leben erschwert. Auch der Klimawandel sorgt für Unruhe und erzwingt ein Umdenken. Besonders die fragile Bergwelt reagiert empfindlich auf kleinste Veränderungen.
Leider jedoch ist die Verknüpfung der Geschichten miteinander nicht immer gelungen und lange Textpassagen, die wenig Greifbares liefern, beeinträchtigen meine Leselust. Es ist viel zu wenig Handlung auf zu langen Seiten, was Langeweile aufkommen lässt. Auch die Auflösung des schon recht früh angekündigten Unglücks lässt so lange auf sich warten, dass es mich schon gar nicht mehr interessiert.
Wenngleich ich die Geschichte mit Jules am gelungensten halte, mich mit dem Aussteiger Gaspard anfreunden konnte, ist meine Sympathie für Alma bald dahin. Ich muss nicht immer alles über einen Protagonisten wissen. Zu ausführliches und nacheinander Erzählendes bzw. Beschreiben hat seinen Preis: meine Leseenergie sinkt und diesen Teil des Romans klicke ich bald aus. Er bringt für das Buch, ausgenommen die Informationen zu dem Pilotprojekt, wenig Brauchbares, zumindest aus meiner Sicht.
Schade finde ich, dass keine geografische Karte zur Verfügung steht. Ich hätte mich während des Lesens leichter getan, wenn ich den einen oder anderen Handlungsort bestimmen hätte können.
Fazit
„Im Tal der Bärin“ ist eine zum Teil gelungene Darstellung über die Rückkehr der Bären in die Bergregion der Pyrenäen und die daraus resultierenden Konflikte mit Almbetrieb, eingebunden mit den neuen Herausforderungen des Klimawandels. Die Unterteilung in drei Makrogeschichten ist leider nicht immer geglückt und manchmal unterbrechen recht langweilige Passagen den Lesefluss.