Gefährlich, ansteckend und voller Glück
Ein beispielloses Virus breitet sich auf dem Planeten aus. Diejenigen aber, die überleben, sind ... glücklich. Stress, Depression, Einsamkeit - alle negativen Gefühle sind plötzlich verschwunden. Immer mehr Genesene geniessen das neue Glücksgefühl. Doch längst nicht alle, denn innere Zufriedenheit ist schlecht fürs Geschäft. Wirtschaftsbosse und Politiker brauchen die Unzufriedenheit ihrer Kunden oder Wähler. Und so beginnt ein gefährlicher Wettlauf um einen Impfstoff, der das Unglück zurückbringen soll.
Mariel lebt mit ihrer Mutter in einem verbeulten Ford Fiesta und wünscht sich nichts sehnlicher, als glücklich zu sein. Rons Vater ist Milliardär, doch obwohl ihm jeglicher Luxus offen steht, erscheint Ron das Leben sinnlos. Der Zufall bringt Mariel und Ron zusammen, und das Schicksal schleudert sie mitten hinein in den Machtkampf um eine neue Weltordnung.
Dystopisch und utopisch zugleich - und ultraspannend! In einem erschreckend realistischen Szenario konfrontiert Shusterman seine Leser*innen mit den ganz grossen Fragen: Glücklich oder unglücklich, was würdest Du wählen?
"All Better Now" hat mich im besten Sinne umgehauen: sowohl die aufgeworfenen philosophischen Fragen als auch die reine Spannung, die sich im Verlauf der Erzählung immer mehr zuspitzt, hatte ich so ehrlich gesagt nicht erwartet.
Angesprochen hat mich zunächst die Prämisse:
Ein Virus geht um. Wer den Ausbruch der durch das Virus verursachten Erkrankung überlebt, sieht die Welt nicht nur mit anderen Augen, sondern ist zudem glücklich und zufrieden. Das hat Auswirkungen, die die (Wirtschafts-) Welt in ihren Grundfesten erschüttert, denn die "Genesenen" kaufen weniger, bieten unentgeltliche Unterstützung und so weiter. Das mobilisiert Verfechter*innen des Status quo. Sie suchen nach einem Gegenmittel.
Mir hat vor allem die Umsetzung gefallen. Es gibt zwar reichlich Plakatives, gleichzeitig lässt Neal Shusterman seinen Leser*innen aber viel Freiraum, sich selbst Gedanken zu machen. Er liefert keine einfachen Antworten. Shusterman ist schlau genug, zwar verschiedene Pole zu liefern - die Genesenen und deren Gegner*innen -, er liefert aber auch allerlei Grautöne. Die Utopie in Form der Genesenen und ihrer Handlungsweisen wird ebenso immer wieder in Frage gestellt wie der Status quo.
Dank dieser Grautöne und Infragestellungen sind die Handlungen der Charaktere nachvollziehbar. Insbesondere Mariel stellt eine Identifikationsfigur dar, die (menschliche) Widersprüchlichkeiten ganz wunderbar in sich vereint. Die daraus resultierenden Entscheidungen und Konsequenzen waren für mich nachvollziehbar. Ebenso ging es mir mit Róns Vater Blas, der zunächst fast alle Klischees eines Milliardärs liefert, sich im Lauf des Romans aber als wesentlich komplexer herausstellt, als ich ihm anfangs zugetraut hatte.
Die Extreme sind in Rón (ein Genesener und "der Gute") und Morgan (eine dermaßen fiese Antagonistin, dass es sowohl beängstigend als auch eine Freude ist) eingearbeitet. Und dann gibt's natürlich noch ganz viele weitere Nebenfiguren, die alle dazu beitragen, dass die Welt in "All Better Now" mit all ihren Problemen, Ungewissheiten und Möglichkeiten zum Leben erweckt wird.
Ein Teil der Spannung und Faszination resultierte für mich aus der Tatsache, dass der Roman so weit in der Realität verankert ist, dass ich als Leserin mir vorstellen konnte, dass das Erzählte auch real möglich wäre. Und wenn es möglich wäre, wie würde ich reagieren? Zu welchem "Team" würde ich gehören? Team Rón, Team Mariel oder doch eher Team Morgan/Blas? Ich rechne es Neal Shusterman hoch an, dass er all diesen "Teams" nachvollziehbare Motivationen gegönnt hat.
Da "All Better Now" der erste Band einer geplanten Dilogie ist, endet der Roman mit einem Cliffhanger, der aber erfreulicherweise weniger fies ausgefallen ist als ich befürchtet hatte. Es half allerdings, dass ich wusste, dass es eine Fortsetzung und somit einen Cliffhanger geben würde. Angesichts dessen, was Shusterman in "All Better Now" abgeliefert hat, bin ich sehr gespannt auf die Fortsetzung "All Over Now".
Interessante Idee
brauneye29 aus Wachtendonk am 16.07.2025
Bewertungsnummer: 2540829
Bewertet: eBook (ePUB 3)
Zum Inhalt:
Ein neues Virus breitet sich aus, es wird Crown Royal genannt. Wer vom Virus geheilt ist, erlebt eine komplette Wesensänderung. Unglückliche sind auf einmal glücklich, reiche verschenken ihr Hab und Gut. Doch was so positiv klingt, bringt nicht nur positive Effekte, denn für die Wirtschaft ist dieses Glücksgefühl eher schlecht fürs Geschäft und auch die Politik setzt oft auf unzufriedene Wähler.
Meine Meinung:
Mit der Erinnerung an die Corona-Pandemie erschien einem vieles an der Geschichte schon sehr realistisch, aber auch utopisch. Einen Impfstoff, der wieder unglücklich und unzufrieden macht, ist schon eine krasse Idee. Die Protagonisten fand ich interessant, die Story spannend erzählt und gerade zum Ende hin, wurde es immer rasanter und spannender. Man fragt sich auch irgendwann wie erstrebenswert es ist, dass jeder Mensch glücklich und zufrieden ist oder braucht man wirklich auch Unzufriedenheit um ein normales Leben zu führen. Ich fand die Idee eine Story rund um ein Virus zu bauen interessant.
Fazit:
Interessante Idee