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Ein Lob gebührt dieser Neuauflage aus dem dtv-Verlag, welche die Urfassung, sowie viele interessante Informationen im Anhang enthält.
- Bewertet: Einband: Taschenbuch
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Auf seinen naturkundlichen Wanderungen begegnet der Ich-Erzähler Heinrich Drendorf seinem späteren väterlichen Freund, dem Freiherrn von Risach, auf dessen Landgut. Dort lernt er nicht nur eine neue Form der Lebens- und Wirklichkeitsbewältigung kennen, sondern auch seine spätere Frau Natalie und deren Mutter Mathilde Tarona, die... Auf seinen naturkundlichen Wanderungen begegnet der Ich-Erzähler Heinrich Drendorf seinem späteren väterlichen Freund, dem Freiherrn von Risach, auf dessen Landgut. Dort lernt er nicht nur eine neue Form der Lebens- und Wirklichkeitsbewältigung kennen, sondern auch seine spätere Frau Natalie und deren Mutter Mathilde Tarona, die auf geheimnisvolle Weise mit Risach verbunden ist. »›Der Nachsommer‹ ist der Bildungsroman schlechthin, ein rührend-unheimlich deutsches Buch aus Österreich, welches dem Leser das Menschlichwerden zeigen will.« Walther Killy....(Klappentext) -------------------------------------------- "Mein Vater war ein Kaufmann. Er bewohnte einen Teil des ersten Stockwerkes eines mäßig großen Hauses in der Stadt in welchem er zur Miete war.." (S. 7 - Anfang) Wie soll man einem Literaturklassiker gerecht werden, wenn man sich einen Monat lang durchgequält hat? Diese Frage stellte ich mir bereits nach den ersten Seiten dieses Buches. Ich liebe Klassiker, angefangen bei Shakespeare, über Lessing bis hin zu Tolstoi. Dabei schätze ich vor allem die Sprachgewalt, die Poesie und den bildhaften Erzählstil, inklusive der Detailverliebtheit. Doch gerade diese langatmigen Beschreibungen und die ständigen Abschweifungen ins Detail, machten mir das Lesen von "Der Nachsommer" mehr als schwer. Die Handlung schreitet nur mit überaus kleinen Schritten voran, nahezu stockend und humpelnd und zwar aufgrund diverser minutiöser Beschreibungen von Gemälden, Pflanzen und selbst von Steinen. "Ich war schon als Knabe ein großer Freund der Wirklichkeit der Dinge gewesen, wie sie sich so in der Schöpfung oder in dem geregelten Gange des menschlichen Lebens darstellte..." (S. 24) "Der Vater pflege zu sagen, ich müßte einmal ein Beschreiber der Dinge werden,..." (S. 25) Genau, und schlußendlich war er das auch. Aber so sehr Stifter auch auf die Darstellung von Natur und Kunst eingeht, die Charaktere bleiben auf den 730 Seiten blass und vor allem langweilig. Hier fällt kein böses Wort und Missverständnisse gibt es hier ebenso wenig. Selbst als Risachs Geheimnis gelüftet wird, herrscht hier Verständnis und Einigkeit. Immerzu herrscht hier Harmonie und höchste Idylle, dass es kaum auszuhalten ist. Hinzu kommen die ständigen Wiederholungen der alltäglichen Rituale - die Neurotik des Biedermeier lässt grüßen. Diese Art des Schreibens ist von Adalbert Stifter jedoch so beabsichtigt. Die Industrialisierung machte zu dieser Zeit auch vor Österreich nicht Halt. Aber wie Franz I. und Metternich, so war auch Stifter gegen diese Modernisierung und versuchte sie, zumindest in diesem Werk, aufzuhalten - den Fortschritt entschleunigen. Bei mir rief es auch eine Entschleunigung hervor und zwar die des Lesens. "Der Nachsommer" ist also keineswegs ein Klassiker den man mal schnell zwischendurch lesen kann und auch nicht sollte. Man muss sich dafür Zeit nehmen, darin eintauchen und diesen wirken lassen. In der heutigen schnelllebigen Zeit mit Sicherheit ungewohnt, aber durchaus nicht verkehrt und eben auch genau das was von Stifter beabsichtigt war. Für mich persönlich war das nichts. Das Werk enthält aber auch gleichzeitig wunderschöne Zitate, welche zum Nachdenken anregen: "...der Mensch sei nicht zuerst der menschlichen Gesellschaft wegen da, sondern seiner selbst willen. Und wenn jeder seiner selbst willen auf die beste Art da sei, so sei er es auch für die menschliche Gesellschaft." (S. 15) Trotzdem werden Herr Stifter und ich wohl keine Freunde. Sein Schreib- und Erzählstil sind sehr speziell und nicht für jeden geeignet. Man muss diesen Stil schon mögen - ich tue es nur bedingt. Die vorliegende Neuauflage aus dem dtv-Verlag ist jedoch mehr als nur gelungen. Hier wurde nämlich die Urfassung beibehalten, inklusive der etwas ungewöhnlichen Interpunktion Stifters. Ja, selbst hier hatte Adalbert Stifter seine Eigenheiten. Diese spezielle Art Kommas zu setzen, sollte seinen Stil intensivieren. Nun ja, diese Tatsache machte das Lesen nicht unbedingt leichter. Es wurden aber auch die Laut- und Wortformen , sowie die alten österreichischen Bezeichnungen beibehalten. Die meisten Verlage scheuen sich davor, solche Eigenheiten beizubehalten und modernisieren Texte, Passagen und ganze Werke. Nicht so beim dtv-Verlag, der aufgrund dessen für mich die erste Adresse bei Neuauflagen von Klassikern ist. Wie gewohnt erhält man im Nachwort Informationen über das Werk und dessen Entstehung und es beinhaltet eine kleine, aber durchaus ausführliche Biographie des Autors mittel Zeittafel. Ich muss gestehen, diese Anhänge lasen sich spannender als "Der Nachsommer" selbst. Fazit: Der Schreib- und Erzählstil von Adalbert Stifter ist sehr speziell (anstrengend trifft es wohl besser). Dies muss man mögen, um das vorliegende Werk vollends genießen zu können. Ich konnte es leider nicht. Diese Abschweifungen und detailreichen Beschreibungen...meine Güte, diese Beschreibungen und Schilderungen!!...waren so gar nicht meines. Ein Lob gebührt jedoch dieser Neuauflage aus dem dtv-Verlag, welche die Urfassung, sowie viele interessante Informationen im Anhang enthält. Für Adalbert Stifter-Fans, Studenten der Germanistik und Literaturwissenschaft absolut zu empfehlen.
Der Nachsommer
Eine Erzählung. Apparat Teil II
Adalbert Stifter: Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe Band 4
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Buch (gebundene Ausgabe)
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Beschreibung
Band 4,5 bietet als zweiten Teil des Apparats eine Edition der während des Arbeitsprozesses ausgeschiedenen "Abgelegten Blätter" sowie Stifters "Anmerkungen während des Schreibens des "Nachsommers".
Walter Hettche, geb. 1957 in Offenbach am Main. Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität München. 1983 Staatsexamen. 1985 Promotion über Heinrich von Kleists Lyrik. Akademischer Oberrat am Institut für Deutsche Philologie der Universität München. Publikationen zur deutschen Literatur des 18. 20. Jahrhunderts (Gleim, Hölty, Goethe, Stifter, Storm, Fontane, Raabe, Liliencron, Britting, Eich u. a
Adalbert Stifter, geb. 1805 in Oberplan/Böhmerwald), war der Sohn eines Leinewebers und Flachshändlers. Nach der Gymnasiumszeit im Benediktinerstift Kremsmünster studierte er ab 1826 die Rechte in Wien, ohne aber eine Schlussprüfung zu absolvieren. In den 1830er Jahren bewarb er sich mehrmals erfolglos um Anstellungen als Lehrer und verdiente dann seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer. Nachdem ihm 1840 die Veröffentlichung der Erzählungen 'Der Condor' und 'Feldblumen' erste Erfolge gebracht hatte, lebte er bis 1850 als freier Schriftsteller. Nach den Märzunruhen von 1848 in Wien zog sich Stifter nach Linz zurück, wurde zum Schulrat ernannt, 1853 von der "Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen Denkmale" zum Konservator für Oberösterreich bestellt.
1865 trat Stifter, wohl seit 1863 unheilbar erkrankt, durch lästige Verwaltungsarbeit und finanzielle Bedrängnis verbittert, in den Ruhestand. Nach einem Selbstmordversuch starb er 1868 in Linz.
Produktdetails
Einband | gebundene Ausgabe |
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Herausgeber | Walter Hettche |
Seitenzahl | 516 |
Erscheinungsdatum | 18.12.2014 |
Sprache | Deutsch |
ISBN | 978-3-17-022092-8 |
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Verlag | Kohlhammer |
Maße (L/B/H) | 23.5/16.4/4.1 cm |
Gewicht | 930 g |