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Weder Fisch noch Fleisch
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Wolfram Fleischhauers Buch ist für mich ein ziemliches Ärgernis, da das Konzept der Handlung Potenzial für ein weit besseres Werk geboten hätte. Das es das letztlich nicht geworden ist, liegt an der mangelhaften Fortführung vieler guter Ansätze und den unnötigen Richtungs- und Kursänderungen des relativ schnell nicht mehr zu erk... Wolfram Fleischhauers Buch ist für mich ein ziemliches Ärgernis, da das Konzept der Handlung Potenzial für ein weit besseres Werk geboten hätte. Das es das letztlich nicht geworden ist, liegt an der mangelhaften Fortführung vieler guter Ansätze und den unnötigen Richtungs- und Kursänderungen des relativ schnell nicht mehr zu erkennenden roten Fadens. Es scheint, als hätte Fleischhauer selbst nicht so richtig gewusst wohin die Fahrt denn nun gehen soll. Künstlerischer Historienroman, klassischer Rätselkrimi oder blutiger Mystery-Thriller. Relativ lieblos wirft der Autor alles in einem Topf und mixt so lange, bis auch der Leser nicht mehr weiß, wo das Ganze enden soll. Und dabei ist der Beginn doch vielversprechend. Äußerst geschickt baut Fleischhauer eine schaurige, von Misstrauen beherrschte Atmosphäre auf, wobei er alle beteiligten Personen ein doppeltes Spiel treiben lässt. Merkwürdige Gifte, Geheimgesellschaften, eine seltsame Landkarte voll mysteriöser Hinweise. Immer wieder wird die Neugier des Lesers angeregt, werden Tempo und Spannung innerhalb der Handlung anzogen. Und leider ebenso oft tritt Fleischhauer dann wieder auf die Bremse, um meist komplette Handlungsstränge brach liegen zu lassen. All das würde wohl jedoch nicht so sehr ins Gesicht fallen, wäre ihm wenigstens die Zeichnung der Charaktere besser gelungen. Doch sämtliche Beteiligte, einschließlich Erzähler Röschlaub, dessen Naivität mitunter gewaltig an den Nerven zerrt und sich außerdem auch irgendwie mit seinem so überlegenen Intellekt beißt, bleiben von Anfang bis Ende eine blasse, gesichtslose Ansammlung seltsamster Gestalten, zu denen man partout keinen Zugang (ob positiv oder negativ) herstellen kann. So schlappt man eher resigniert als begeistert ihren oftmals vergeblichen Spurensuchen hinterher, aus denen Fleischhauer im letzten Drittel dann noch schnell ein feinsinniges Verwirrspiel Dan Brownscher Prägung schmieden will. Der Aha-Effekt verpufft jedoch irgendwo zwischen philosophischen und theologischen Monologen, in deren Anschluss sich Nicolai stets aufs Neue selbst einen Schwall von unbeantworteter Fragen stellt. Nun, was fällt positiv ins Gewicht? Wolfram Fleischhauers Wiederbelebung des späten 18. Jahrhunderts ist wirklich aller Ehren wert. Bildreich, wenn auch bar jeder Eleganz, bringt er ein Deutsches Reich auf dem Papier zum Leben, das seinen letzten Tagen entgegensieht und in dessen Mitte sich politische, religiöse und wissenschaftliche Veränderungen vollziehen, welche andeuten, dass man sich auf der Schwelle zwischen altem Absolutismus und neuer Aufklärung befindet. Obwohl das Reich immer noch ein territorialer Flickenteppich aus unzähligen kleiner Fürstentümer, Kirchenstaaten und freien Städten ist, lässt sich, natürlich auch durch den stärker gewordenen Einfluss Preußens, eine Kehrtwendung erahnen. Ein Ruderer in diesem sich drehenden Boot ist Immanuel Kant, auf dessen neuartige Lehren sich letztendlich auch der Titel des Buches bezieht und der mit seinen philosophischen Ansätzen und Ausführungen das gefestigte Weltbild der damaligen Gesellschaft ins Wanken gebracht. Eben diesen Einfluss im Buch abzubilden, ist Fleischhauer leider nicht in der Lage, wenngleich das auf diesen Punkt bezogene Ende wenn schon nicht überraschen, so zumindest noch teilweise etwas versöhnen kann. Insgesamt ist Das Buch in dem die Welt verschwand eine enttäuschende Ausführung einer sonst bemerkenswerten und interessanten Grundidee, welche letztlich zu sehr die breite Masse bedienen will und den Spagat zwischen konstruierter Spannung und historischen Lehren nicht zu meistern versteht.
Das Buch in dem die Welt verschwand
Roman
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Buch (Taschenbuch)
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Beschreibung
Man schreibt das Jahr 1780. Revolutionäre Ideen durchziehen das Land. Mystische Zirkel und Geheimbünde bekämpfen sich allerorten.In der fränkischen Grafschaft Alldorf ist es zu merkwürdigen Todesfällen gekommen, und der junge Arzt und Epidemieforscher Nicolai Röschlaub soll bei der Aufklärung helfen. Wenn es ein Gift war, so hinterlässt es keine Spuren. Eine Verschwörung ist denkbar, doch wen hat sie zum Ziel? Begleitet von einer rätselhaften jungen Frau, macht sich Nicolai auf den Weg an die äussersten Grenzen des Reiches - und gleichzeitig ins Innerste seiner Seele. Die Zeit drängt, denn das Geheimnis ist aus dem Stoff, der eine Welt zerstören kann.
Wolfram Fleischhauer wurde 1961 in Karlsruhe geboren. Bei Droemer erschienen seine vier Romane über Malerei (Die Purpurlinie), Literatur (Die Frau mit den Regenhänden), Tanz (Drei Minuten mit der Wirklichkeit), und Philosophie (Das Buch, in dem die Welt verschwand) mit bis heute ungebrochenem Erfolg. In seinen Gegenwartsromanen Torso, Schweigend steht der Wald und Das Meer verbindet Wolfram Fleischhauer aktuelle gesellschaftliche Themen mit dramatischer Spannung. Nun hat er den Faden seines Erstlings Die Purpurlinie (1996) wieder aufgenommen.
Produktdetails
Einband | Taschenbuch |
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Seitenzahl | 492 |
Erscheinungsdatum | 01.11.2004 |
Sprache | Deutsch |
ISBN | 978-3-426-62775-4 |
Verlag | Knaur Taschenbuch |
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Maße (L/B/H) | 19/12.3/3.8 cm |
Gewicht | 478 g |
Abbildungen | 2 schwarzweisse Abbildungen |
Auflage | 13. erweiterte Auflage |