Am 14. Juni 1891 ereignet sich in Münchenstein bei Basel das schlimmste Eisenbahnunglück der Schweiz. Die von Staringenieur Gustave Eiffel konstruierte Brücke stürzt unter der Last eines voll besetzten Personenzuges in die tosende Birs. Zahlreiche Menschen sterben oder sind schwer verletzt.
Unter den Überlebenden ist eine junge Mutter mit ihrem einjährigen Sohn. Wochen später wird die aufgedunsene Leiche ihres Ehemanns aus dem Wasser geborgen. Dabei tritt unerwartet die traurige Wahrheit über ein hinterhältiges Verbrechen zutage.
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In diesem historischen Roman sollte es eigentlich, wie Titel, Cover und Klappentext versprechen, um das Eisenbahnunglück vom 14. Juni 1891 gehen. Ich schreibe absichtlich „sollte“ und „eigentlich“.
Denn bevor es dazukommt, lernen wir Ida Gysin kennen, die in den Kondukteur der Jura-Simplon-Bahn, Wilhelm Münch, verliebt ist und der plötzlich verschwindet. Nachforschungen ergeben, dass er mit einem Kollegen Streit hatte. Außerdem stellt sein Freund Karl Ida nach. Als sich herausstellt, dass Ida schwanger ist, heiratet sie Karl, um der Schande eines unehelichen Kindes zu entgehen.
Ein zweiter Handlungsstrang führt uns nach Paris ins Konstruktionsbüro des Gustave Eiffel, der gemeinsam mit einem Mitarbeiter am später Eiffel-Turm genannten Wahrzeichen von Paris arbeitet. Daneben sind zahlreiche Brücken zu konstruieren sowie der Ärger mit dem Bau des Panama-Kanals auszuhalten.
Erst im 23. von 45 Kapiteln kommt es zu diesem dramatischen Zugsunglück, bei dem 73 Menschen sterben und 170 verletzt werden. Ida und ihr kleiner Sohn Willi überleben beinahe unverletzt. Karls Leiche wird erst Wochen später gefunden. Als sie Karls Taschenuhr erhält, muss sie mit einem schrecklichen Verdacht weiterleben.
Meine Meinung:
Leider geht das Zugsunglück, das zu den schwersten in der Schweiz zählt, in der Geschichte rund um Ida, Wilhelm und Karl, die sich sehr gut als Krimi eignet, fast unter.
Das ist ziemlich schade, denn sowohl die Rettungs- und Bergungsaktionen sowie das nachfolgende Gerichtsverfahren sind sehr gut dokumentiert. Es gibt Freisprüche für alle Angeklagten, weshalb der Titel „Eiffels Schuld“ als Titel des Buchs nicht richtig erscheint. Die Schuldfrage wird im Prozess diskutiert, aber der Sachverständige laviert herum. Tatsache ist, dass wegen des großen Andrangs zu einem Fest zwei Waggons und eine tonnenschwere Lokomotive als Vorspann angehängt worden sind, obwohl die Brücke über die Birs durch einen Schaden am Widerlager eine solche (Zusatz)Belastung möglicherweise nicht standhalten würde. Auch die Geschwindigkeitsbeschränkung seit der Freigabe 1875 von 30 km/h wird nicht eingehalten. Man fährt also mit einem längeren, wesentlich schwereren Zug, in dem rund 500 Personen sitzen, mit höherer Geschwindigkeit über eine nicht ordentlich gewartete Brücke - und niemand hat Schuld an diesem Unglück. Immerhin leistet die Jura-Simplon-Bahngesellschaft hohe Entschädigungszahlungen. Doch ein Schuldeingeständnis?
Leider hat mich der Schreibstil nicht wirklich fesseln können. Der Autor schwankt zwischen genauen maschinenbautechnischen Beschreibungen, die mich als Technikerin und Eisenbahnfan jetzt nicht stören, aber Leser, die sich mit „Querträgern, unteren Gurtungen, übereck reichende Flacheisen sowie Dreiecksverbände, die den nötigen Widerstand gegen Verschiebungen leisten.“ nicht auskennen, werden doch recht unsanft aus dem Lesefluss gerissen und häufig hölzern wirkenden Dialogen sowie Details, die die Handlung keinen Millimeter weiterbringen.
Auch das Verquicken des fiktiven Handlungsstrang Ida & Co., mit Gustave Eiffel und dem Eisenbahnunglück halte ich nicht für gut gelungen. Eine Trennung in einen historischen Roman, der sich voranging mit dem Eisenbahnunglück beschäftigt und in einen „Historischen Krimi“ mit Ida, Wilhelm und Karl als Hauptfiguren hielte ich für die bessere Lösung. Vor allem auch deswegen, weil es mit Idas Vater, der mit Karl ein Geheimnis zu teilen scheint und einen Detektiv bezahlt, um Wilhelm suchen zu lassen, den er eigentlich gar nicht als Schwiegersohn haben will, einen ziemlich widersprüchlichen Charakter gibt, der bei mir für allerlei Argwohn sorgt.
Nun ja, es ist so, wie es ist.
Fazit:
Leider kann ich diesem historischen Roman nur knappe 3 Sterne geben. Die Gründe sind oben genannt.
Auf der Suche nach der Wahrheit
Bewertung aus Quickborn am 13.11.2023
Bewertungsnummer: 2067840
Bewertet: eBook (ePUB)
Stefan Haenni ist ein vielseitiger Schweizer Künstler, der sich in der bildenden Kunst ebenso zu Hause fühlt wie bei der schreibenden Zunft. Fünf Kommissar-Feller-Kriminalromane gehen diesem über den berühmten Gustave Eiffel und den Einsturz der Münchensteiner Brücke bereits voraus. Hier nun verknüpft Haenni die wahren Begebenheiten um das größte Eisenbahnunglück der Schweiz im Jahre 1891 mit der fiktiven Kriminalgeschichte einer Überlebenden. Gleichzeitig porträtiert er den eifrigen Erfinder Eiffel und rückt ihn damit ein wenig gerade auf seinem überhöhten Denkmalssockel, auf den ihn die Menschheit irgendwann stellte.
Die überlebende Ida erzählt ihrem Sohn kurz vor dem Umzug ins Pflegeheim 1961 die wahre Geschichte seines Vaters. Haenni verbindet die Erzählungen mit den Vorgängen in Eiffels Firma ebenso wie mit der versuchten Aufklärung des Unglücks in der Schweiz und der langen Suche nach Idas Ehemann.
Der Schreibstil von Haenni ist gerade da, wo es am emotionalsten wird, beim Sturz der Eisenbahn in die Birs, doch sehr journalistisch gefärbt. Mir fehlte eine gewisse Empathie bei der Beschreibung, die Vorgänge wirken im Buch etwas steif. Der Leser verfolgt die Geschehnisse nach einem sehr romanhaften Einstieg dadurch mit einem gewissen Abstand. Trotzdem ist dieser Kriminalroman spannend und gleichzeitig auch informativ, was die Schweizer Eisenbahngeschichte betrifft. Mir hat er gut gefallen.