Eine Geschichte über die Liebe, wie nur Gabriel García Márquez sie schreiben konnte.
Jedes Jahr fährt Ana Magdalena Bach im August mit der Fähre zu einer Karibikinsel, um dort auf das Grab ihrer Mutter einen Gladiolenstrauss zu legen. Jedes Jahr geht sie danach in ein Touristenhotel und isst abends allein an der Bar ein Käse-Schinken-Toast. Dieses Mal jedoch wird sie von einem Mann zu einem Drink eingeladen. Es entspricht weder ihrer Herkunft oder Erziehung noch ihrer Vorstellung von ehelicher Treue, doch geht sie dennoch auf seine Avancen ein und nimmt den Unbekannten mit auf ihr Zimmer.
Das Erlebnis hat sie und ihr Leben verändert. Und so fährt sie im August des kommenden Jahres wieder erwartungsvoll auf die Insel, um nicht nur das Grab ihrer Mutter zu besuchen.
Wie immer bei Gabriel García Márquez faszinieren die kunstvolle Figurenzeichnung, die bilderreichen und atmosphärisch dichten Beschreibungen sowie die Musikalität der Sprache. »Wir sehen uns im August« ist ein kleines Kunstwerk, das sowohl García-Márquez-Fans als auch neue Leserinnen und Leser begeistern wird.
Vor acht Jahren starb die Mutter von Ana Magdalena Bach und wurde gemäß ihrem letzten Wunsch auf einer Karibikinsel begraben. An jedem 16. August fährt die Tochter dahin, besucht das Grab und legt einen Strauß Gladiolen darauf. Sie bleibt über Nacht und fährt am nächsten Tag zu Mann und Kindern zurück. In diesem Jahr ist da ein Mann, der sie auf einen Drink einlädt, sie umgarnt, bis eines zum anderen führt und Ana Magdalena ihn mit auf ihr Zimmer nimmt.
Liebe im reifen Alter, diese Überschrift könnte die Erzählung tragen, würde der Geschichte damit aber nicht gerecht. Eine Situation wird ausgenutzt, Verlangen entsteht und das prickelnde Gefühl von etwas Verbotenem liegt in der Luft. Innerhalb von Minuten entscheidet sich Ana Magdalena, etwas zu tun, was sie nie gereizt hat, und sie kommt auf den Geschmack, zumindest bis am nächsten Morgen eine bestimmte Tat den schalen Nachgeschmack einer Erniedrigung hinterlässt. Die folgenden Jahre reduziert der Autor auf die Besuche der Karibikinsel und ich bin fasziniert vom Gefühlschaos, das dieses Erlebnis bei der auf die Fünfzig zugehenden Frau hinterlässt.
Das bisher unveröffentlichte Werk aus dem Nachlass des Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez wollte dieser zu Lebzeiten nicht veröffentlichen, dessen Erben entschieden sich Jahre später dafür und erläutern dies im Vorwort. Für mich war es die erste Begegnung mit einem seiner Bücher, aber sicherlich nicht die letzte, das kann ich versprechen, nachdem ich fertig geworden bin. Ich freue mich darauf.
Ein Episodenroman mit vielen guten Ansätzen
caught_in_fairytales aus München am 06.04.2024
Bewertungsnummer: 2171721
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
3,5 Sterne
Eines Tages beginnt die verheiratete Ana Magdalena Bach, auf die Annäherungsversuche von Männern einzugehen, wenn sie für einen Augusttag zum Insel-Grab ihrer Mutter fährt. Es entwickelt sich zu einem Ritual, was sie über die Jahre verändert. Sie legt ihren Sinn nach Perfektion ab, sie findet mehr zu sich, sie genießt den Sex, sucht ihn, braucht ihn, an diesen schweren Tagen im Jahr.
„Wir sehen uns im August“ ist ein Episodenroman mit vielen guten Ansätzen, der zum Nachdenken anregt, dem jedoch die nötige Ausarbeitung und Tiefe fehlt, um richtig gut zu sein. Man erkennt den typisch großartigen Márquez-Stil, wenn auch verwässert, und auch wenn es nicht sein stärkstes Werk ist. Eine große Rolle in der Geschichte spielt immer wieder Musik.
Sei es, dass verschiedene Figuren selbst einen Bezug zur Musik haben, mit jemandem zu tun haben/verwandt sind, der musikalisch ist, oder auch bezüglich des Handlungsverlaufs, der von Musik beeinflusst wird.
Dennoch bin ich hin- und hergerissen, wie ich diesen Roman bewerten soll. Trotz interessant angelegter Figuren fehlt mir hier für sich stehend nämlich etwas, auch wenn die angedeutete Tiefe auf großes Potenzial der Geschichte hinweist. Was sicherlich auch daran liegen mag, dass Márquez selbst die Geschichte nicht veröffentlichen wollte, und es nun aber doch von seinem Sohn postum veröffentlicht wurde. Deshalb für Márquez-Fans zu empfehlen, die noch einmal etwas vom Meister lesen möchten, ansonsten eher mittelmäßig, da es sich „unfertig“ liest.
Meinungen aus unserer Buchhandlung
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Wir sehen uns im August - Gabriel García Márquez 2024
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Dies ist die Geschichte einer eigentlich glücklich verheirateten Frau, die jedes Jahr auf eine karibische Insel fährt, um einen Blumenstrauss auf das Grab ihrer Mutter zu legen. Doch bei einem Besuch beschliesst sie, mit einem fremden Mann einen One-Night-Stand zu haben. Dieser Kick, sich einen Fremden zu suchen, wird für die Ehefrau zum alljährlichen Spiel auf der Insel.
Bis die Schuldgefühle kommen, sie ihrem Mann eine Frage stellt und die Stimmung kippt...
'Wir sehen uns im August' war nicht schlecht, aber auch nicht überragend. Es wirkt etwas 'unfertig', was allerdings auch im Vorwort von den Söhnen angesprochen wird.
Dies war mein erstes Buch von Garcia Marques.
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Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dieses letzte, posthum und gegen seinen Willen veröffentlichte Werk das Erste ist, das ich von Gabriel García Márquez lese. Und es macht mir unheimlich Lust auf sein Hauptwerk.
Eingebettet ist der schmale Band, der von Dagmar Ploetz aus dem Spanischen übersetzt wurde, in ein Vorwort seiner Söhne, Rodrigo und Gonzalo García Barcha, und ein Nachwort durch seinen Lektor und Herausgeber des Buches, Cristóbal Pera, die uns gemeinsam die Entstehungsgeschichte dieses letzten Werkes vor Augen führen.
Aber worum geht es? Wir begleiten Ana Magadalena Bach, anfangs 46 Jahre alt und seit 27 Jahren glücklich verheiratet, dabei, wie sie mehrere Jahre hintereinander mit der Fähre auf eine karibische Insel übersetzt, um am 16. August auf dem Grab ihrer Mutter einen Strauss Gladiolen abzulegen. Doch in diesem Sommer hat sie, zum ersten Mal in ihrem Leben, eine spontane Affäre mit einem ihr unbekannten Mann. Und daraus wird ein Ritual.
Ich bin mir sicher, dass Literaturwissenschaftler*innen ihre wahre Freude an dem schmalen Band haben, am Vergleich zu Márquez’ übrigen Büchern, zu Themen, Motiven und Bildern in “Wir treffen uns im August”. Da ich keine Literaturwissenschaftlerin bin, wird diese Analyse maximal angedeutet.
Zunächst einmal fiel mir auf, dass der Autor nur wenige Worte benötigt, um Stimmungen und Orte präzise einzufangen. Da er scheinbar Zeit seines Lebens gerade auf der Wortebene sehr bewusst gearbeitet hat und entsprechend lange an seinen Sätzen feilen konnte, werden Márquez’ Fans hier womöglich Abstriche feststellen, da der Literaturnobelpreisträger wegen seiner fortschreitenden Demenz den Text nicht mehr auf gewohntem Niveau bearbeiten konnte. Mir jedoch wäre das nicht aufgefallen.
Seine Figuren, vor allem die Liebhaber, erschienen holzschnittartig, aber das sind sie sicherlich bewusst, spielen sie doch eigentlich nur eine Nebenrolle. Denn es geht schliesslich um Ana, ihre Freiheit und Lust. Ein Thema, das definitiv öfter behandelt werden könnte in der Literatur. Bei Márquez kann sie die jedoch nicht unbeschwert geniessen, da sie nach jedem Abenteuer Gewissensbisse plagen. Was mich zu der Frage führt, warum das so ist? Vermutlich entspricht es der Realität, aber ich habe den Eindruck, das moralische Dilemma beschäftigt vor allem Frauen.
Eigentlich ist sie in ihrer Ehe, ihrem Alltag glücklich, doch die Affären öffnen ihr zugleich die Augen. Da stellt sich gleich die nächste Frage: Soll das heissen, sie wäre glücklicher, wenn sie sich weiterhin auf Haus und Heim konzentriert hätte? Oder soll es eher heissen, dass sie sich langsam aus einem selbstgebauten Trugbild befreit? Vielleicht ist es auch keine Entweder-Oder-Frage, kein erhobener Zeigefinger.
Reizvoll ist, dass Ana bei jeder Überfahrt ein anderes Buch dabeihat. Angefangen bei Bram Stokers «Dracula», über «Der Tag der Triffiden» von John Windham, Ray Bradburys «Mars-Chroniken», bis hin zu «Die Pest zu London» von Daniel Defoe – was uns möglicherweise auch so einiges über die einzelnen Episoden verraten kann.
Ein Büchlein, liebevoll geschrieben und bearbeitet, leicht zu lesen, mit eindrücklichen Bildern, spannenden Fragen und einer überraschenden Erkenntnis am Ende, das mich enorm neugierig macht auf die Klassiker von Gabriel García Márquez. Ich bin gespannt, wie meine Lesegruppe das Buch erlebt hat!